Porträt: Der Himmelsflieger
Als Robin Himmelmann in der 38. Minute der Partie gegen den Zweitligaspitzenreiter RB Leipzig einen eigentlich unhaltbaren Schuss von Marcel Sabitzer mit einem Megareflex entschärfte, dämmerte auch dem letzten Leipziger: Heute würde es ganz schwer werden, gegen diesen Torwart zu treffen. Schon zuvor hatte Himmelmann die bis dato auswärts ungeschlagenen Leipziger mit Glanzparaden zur Verzweiflung gebracht, nachdem Marc Rzatkowski mit der ersten Hamburger Chance St. Pauli überraschend 1:0 in Führung gebracht hatte.
Eine Führung, die trotz Leipziger Dauerdruck bis zum Abpfiff Bestand hatte: Wegen einer couragierten Abwehrleistung der Hamburger und des überragenden Robin Himmelmanns, der 19 Leipziger Torschüsse parierte und durch den Strafraum flog, als habe er einen Raketenantrieb verschluckt.
Als das Frauentrio Silver Convention 1975 mit dem Refrain „Fly, Robin, fly“ die Charts stürmte, ward Himmelmann bereits ein Text auf den Leib geschrieben, 14 Jahre bevor er überhaupt in Moers geboren wurde. Über den SV Scherpenberg, den insolvent gegangenen Traditionsclub Rot Weiß Essen und schließlich den FC Schalke 04 führte Himmelmanns Weg im Sommer 2012 an die Elbe. Doch erst Ende 2014 löste er den inzwischen zu Hannover 96 gewechselten Philipp Tschauner als Stammkraft ab.
Seitdem ist es nicht das erste Mal, dass Himmelmann seinem Team wichtige Punkte rettete. In elf der bisherigen 21 Saisonspiele ließen die Hamburger keinen Gegentreffer zu. Ihrer stabilen Abwehr und diesem Ligarekord verdanken es die Hamburger, dass sie als Tabellenvierter noch immer in Reichweite zur Aufstiegszone befinden.
Und Siege gegen die Leipziger, dem Retortenclub ohne Tradition, ohne Rechte der Mitglieder, dafür aber mit dem ganz großen Geld aus der Red-Bull-Zentrale, lieben die St.-Pauli-Fans fast so wie welche gegen den anderen Hamburger Proficlub. Der RB Leipzig ist für sie so etwas wie das komplette Gegenmodell zu ihrem eigenen Verein, ein Kampf der Systeme sozusagen. Dass die Kiezkicker in den vergangenen 12 Monaten nun gleich dreimal in Folge mit jeweils 1:0 gegen die Sachsen gewannen –jedes Mal hütete Himmelmann das Tor –ist für viele Anhänger des Clubs fast wichtiger als ein Bundesliga-Aufstieg.
Bis Juni 2017 ist Himmelmann, der mit 1,87 m für einen Torwart eher klein geraten ist, noch an den FC St. Pauli gebunden. Längst sind auch andere Top-Clubs auf den Himmelsflieger aufmerksam geworden, dem viele Experten eine Bundesliga-Karriere zutrauen. Dass er diese beim FC St. Pauli starten kann, dafür tut Himmelmann derzeit ziemlich viel. MAC
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