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Probleme für Olympia in Rio de JaneiroFortschreitende Eventmüdigkeit

In der Sportwelt greift die Angst vor dem Zika-Virus um sich. Die Organisatoren in Brasilien haben ganz andere Probleme: Ihnen wird das Geld knapp.

Bei diesen Zuständen hilft wohl nur noch Beten Foto: ap

Rio de Janeiro taz | Wirtschaftskrise, Sparmaßnahmen und jetzt auch noch der Zika-Virus – keine guten Vorzeichen für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. „Wenn die Spiele heute wären, würde ich nicht teilnehmen“, sagte Hope Solo, Torhüterin des US-Frauenfußballteams, zu Beginn dieser Woche der Zeitschrift Sports Illustrated. Auch wenn Brasiliens Regierung beteuert, dass Zika keine Bedrohung für Olympia darstellt, löst das mysteriöse Virus bei Sportverbänden weltweit Besorgnis aus.

Solo erklärte, sie fühle sich aufgrund der Nachrichten aus Brasilien „sehr unwohl“. Keine Athletin sollte vor die Entscheidung gestellt werden, die Gesundheit eines Kindes zu gefährden. Die Verunsicherung ist groß, vor allem unter Schwangeren in Lateinamerika und Brasilien, wo sich das Zika-Virus derzeit am schnellsten ausbreitet. Es besteht der Verdacht, dass der Virus bei Ungeborenen die seltene Krankheit Mikrozephalie, Fehlbildungen des Kopfes auslöst. Zudem wird untersucht, ob auch die Nervenkrankheit Guillain-Barré-Syndrom, durch das Zika-Virus ausgelöst werden kann. Die Zahl der Mikrozephalie-Fälle ist in Brasilien in den letzten Monaten sprunghaft angestiegen, wobei der Zusammenhang mit der zumeist unscheinbaren Zika-Viruserkrankung bisher nicht nachgewiesen werden konnte.

Nach Angaben der Agentur Reuters erwägt Kipchoge Keino, der Chef des Nationalen Olympischen Komitees von Kenia, keine Sportler zu den olympischen Spielen zu schicken, sollten die Behörden die von Stechmücken übertragene Krankheit nicht unter Kontrolle bringen. Kurze Zeit später würde diese Äußerungen wieder dementiert. Auch das US-Olympiakomitee ist besorgt und diskutiert mit den Verbänden, wie Sportler und Funktionäre auf das Problem reagieren sollen. Aus Australien und Neuseeland kommen erste Warnungen: „Sollte ein Athlet oder ein Team erwägen, in Rio nicht teilzunehmen, werden wir dafür Verständnis haben“, erklärte ein Olympia-Sprecher aus Neuseeland.

Brasilien hält die Debatte über mögliche Absagen für vollkommen unangebracht. Zwar handele es sich um ein ernstes Problem, doch im Olympiamonat August sei Winter in Rio de Janeiro. Dann werde die Aktivität der Mücken viel geringer sein. Sportminister George Hilton: „Zika ist in der ganzen Welt ein Problem des öffentlichen Gesundheitssystems, doch gerade wegen der klimatischen Umstände ist es kein olympisches Problem.“

Kein Geld für die Spiele

Neben der Panik um das Zika-Virus ist Geldmangel das größte Problem im Vorfeld des Sportspektakels. Brasilien befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise mit stark sinkendem Bruttoinlandsprodukt, der Abwertung der Landeswährung Real und knappen öffentlichen Kassen. Um nicht erneut großen Unmut in der eventmüden Bevölkerung auszulösen, verfügte Bürgermeister Eduardo Paes schon vor Wochen, keine zusätzlichen Gelder für die Spiele lockerzumachen. Ebenso garantierte das Nationale Olympische Komitee, dass der geplante Haushalt von umgerechnet 1,7 Milliarden Euro nicht überschritten wird.

Die ernste Finanzlage hat Folgen: Bei fast allen Testwettkämpfen wurde das Publikum ausgeladen, weil dies die Kosten der Veranstaltungen in die Höhe getrieben hätte. Probegucken ist nur noch beim Weltcup der Wasserspringer im Februar und beim Testlauf der Kunstturner im April vorgesehen. Auch die Zahl der Freiwilligen wurde von 70.000 auf 50.000 gestutzt, um Mehrausgaben zu vermeiden.

Da die meisten Olympia-Verträge in US-Dollar abgeschlossen wurden, und dieser gegenüber dem Real im vergangenen Jahr über 30 Prozent an Wert hinzugewann, muss jetzt fast alles neu kalkuliert werden. Die krisengeplagten Brasilianer spekulieren derweil über Probleme ganz anderer Größenordnung: Sollte die U-Bahn, die den Olympia-Stadtteil Barra mit dem Rest der Stadt verbindet, nicht rechtzeitig fertig werden, wie es einige Zeitungen für möglich halten, dann droht Rio trotz der Zwangsschulferien das totale Verkehrschaos.

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