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DIE WERBEPAUSEGeld? Spaß!

Öffentlich zum Ehrenamt aufzurufen ist eine zweischneidige Sache: Es ist natürlich schön, wenn sich Menschen in ihrer Freizeit engagieren – nicht so schön ist es, wenn sie es bloß tun sollen, weil man keine Angestellten bezahlen will

Nun sollen auch gelernte Facharbeiter aus der Wirtschaft der Gesellschaft etwas zurückgeben: Die Industrie und Handelskammer Berlin (IHK) wirbt mit einem Plakat, auf dem eine Molekülstruktur zu sehen ist und dazu der Satz: „Wer hier an Grillparties denkt, hat das Zeug zum Prüfer.“ Doch man braucht noch etwas mehr Qualifikationen, wie die Website der IHK verrät: eine Ausbildung, Erfahrung als Fach- oder Führungskraft, außerdem Urteilsvermögen und pädagogisches Gespür; betriebliche Erfahrung ist ebenfalls durchaus erwünscht. Die so qualifizierten Ehrenamtler sollen an der Ausbildung von Nachwuchs ihrer jeweiligen Fachrichtung mitwirken, Prüfungen abnehmen, Lehrgespräche führen und Arbeitsproben bewerten.

Laut IHK gibt es viele Gründe, im sozialen oder sportlichen Bereich ehrenamtlich tätig zu werden: „Man hat Spaß, möchte Kontakte knüpfen, anderen helfen, sich selbst zu verwirklichen, und vieles mehr. Welche Gründe aber gibt es für ehrenamtliches Engagement in der Wirtschaft? Genau die gleichen!“ Sehen wir da eine neue Innovation in der Einstellungspolitik aufblitzen? Pensionierte Facharbeiter ersetzen als Ehrenamtler kostenintensive Angestellte?

Vielleicht ist das eine zu pessimistische Deutung, aber die Anzeige zeigt erneut: Der Fachkräftemangel hat weniger mit einem Mangel an geeigneten Bewerbern zu tun als mit der mangelnden Bereitschaft, in die Ausbildung derselben auch etwas zu investieren. Lieber gibt man da ein bisschen Geld für eine Werbekampagne aus, um nach Menschen zu suchen, die das umsonst tun. ERIK WENK

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