: Ein Zeltdach über dem Kopf
Geflüchtete Im umfunktionierten Freimarkts-Bayernzelt an der Neuenlander Straße leben seit Dezember 150 Menschen. Der Leiter sagt, es gehe ihnen dort besser, als er anfangs befürchtet hatte
Es ist warm im Bayernzelt. So warm, dass Jürgen Kattner im T-Shirt auf der Empore sitzen kann, wo während des Bremer Freimarktes sonst die Kapelle spielt. Seit Anfang Dezember steht das Zelt, in dem ansonsten auf Volksfesten das Bier in Strömen fließt, an der Neuenlander Straße unweit des Bremer Flughafens und beherbergt bis zu 230 Flüchtlinge. Aktuell sind es knapp 150. „Weit draußen und schlecht angebunden“, war der erste Gedanke von Kattner, der die Notunterkunft leitet.
Aber es kam anders. „Es hat sich schnell rausgestellt, dass die Flüchtlinge hier gerne wohnen, weil es hier drinnen auch mitten im kalten deutschen Winter angenehm ist“, berichtet der 44-jährige Sozialpädagoge. Obwohl: Stressfrei ist das Zusammenleben im Zelt nicht. Und der Arbeitstag von Kattner ist kaum planbar. Zwischen Behördenkontakten und Technikmanagement geht es ihm deshalb vor allem darum, eine gute Atmosphäre zu schaffen. „Wir haben eine eigene Küche vor Ort. Ein Dach über’m Kopf, Wärme, zur Ruhe kommen – viel mehr wünschen sich unsere Bewohner erst mal nicht.“
Obwohl das Zelt natürlich eine Notunterkunft bleibe – mit allen Nachteilen. Leichtbauwände trennen die nach oben offenen Mehrbett-Zimmer. Irgendwo spielt jemand Gitarre und es klingt, als ob im ganzen riesigen Zelt ein Radio läuft.
Bis Ende Mai bleibt die Notunterkunft stehen. Danach geht das Bayernzelt wieder auf die Jahrmärkte. „Wir haben vor allem Pufferplätze für die zentrale Erstaufnahmestelle in Bremen. Wenn Flüchtlinge dort ankommen, schickt man sie für ein bis zwei Nächte erst mal zu uns, bevor sie erfasst sind und anderswo einen Wohnplatz bekommen.“ Außerdem ist die „Bayern-Festhalle“ Ausweichquartier für Zelt-Bewohner aus der Bremer Überseestadt. „Und hier leben dauerhaft junge Flüchtlinge, bei denen sich herausgestellt hat, dass sie nicht mehr minderjährig sind“, sagt Kattner. Matthias Dembski (epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen