Finanzierung nach Kita-Streik: Hamburg windet sich um Lohnkosten

Nach dem Kita-Streik verpflichteten sich nur fünf Arbeitgeber, ihren Erziehern höhere Tarife zu zahlen. Refinanziert nun die Stadt?

Kitas bleiben erst einmal auf Kosten für Tariferhöhungen sitzen: die Stadt hilft erst 2017. Foto: dpa

Hamburg taz | Der Kita-Streik vom Sommer 2015 ist vielen Eltern noch lebhaft in Erinnerung. Doch während in anderen Kommunen Ruhe eingekehrt ist und die erkämpfte Anhebung der Erzieher-Gehälter in den Haushalt eingestellt wurde, ist die Lage in Hamburg ungelöst. Nur fünf Kita-Arbeitgeber haben das Tarifergebnis übernommen: Die Elbkinder-Kitas, das Studierendenwerk, der Schulverein, die Ballin Stiftung und der Arbeiter Samariter Bund. Nur sie gehören dem Arbeitgeberverband AVH an, und zahlen nach dessen Tarif TV-AVH.

Auf diese Fünf, die ein Drittel der Kita-Plätze stellen, kommen nun hohe Kosten zu, wie eine Anfrage des FDP-Politikers Daniel Oetzel ergab: Die Elbkinder, mit rund 25.000 Plätzen Hamburgs größter Träger, müssen für den Tarifkompromiss 6,9 Millionen Euro im Jahr blechen. Das Studierendenwerk immerhin rund 85.000 Euro.

Die Sozialbehörde hat jedoch nicht vor, den Kitas schon in diesem Jahr mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Denn es gibt seit 2005 das Kita-Gutschein-System, bei dem die Stadt mit einer Pauschale für Personalkosten aufkommt. Egal, ob eine der über 1.000 Kitas nun über Tarif oder unter Tarif bezahlt, es gibt die gleiche Summe.

Da ja Gehälter und Kosten steigen, gibt es dafür rückwirkend eine jährliche Anhebung, die sich am „Index“ der städtischen Gehälter orientiert. Allerdings nicht 2016, sondern frühestens 2017 würde so ein Teil der Tarifsteigerungskosten wieder reinkommen. Bei den „Elbkinder“-Kitas soll deshalb bereits ein schlechterer Krippen-Personalschlüssel beschlossen sein.

Hamburg gab im vergangenen Jahr für Kitas rund 56 Millionen Euro mehr aus als geplant. Vorgesehen waren rund 662 und in diesem Jahr 687 Millionen Euro.

Die Mehrausgaben kommen zustande, weil mehr Kinder in die Kitas kamen, die Kita-Entgelte höher stiegen als geplant und der Krippen-Personalschlüssel für Kinder unter zwei Jahren im vergangenen Jahr um zehn Prozent erhöht wurde.

Der SPD-Kita-Politiker Uwe Lohmann spricht vom „politisch gewollten Aufholprozess“.

Die Abschaffung des Betreuungsgeldes bringt Hamburg mehr Kita-Geld vom Bund: 2016 8,4 Millionen, 2017 rund 19,4 und 2018 rund 21,7 Millionen Euro.

Die Stadt steht hier vor einem Problem. Die fünf Kita-Träger könnten das Geld beim Personal einsparen. Erlaubt ist im Gutscheinsystem statt 100 nur 90 Prozent der Erzieherstunden einzusetzen. Nur macht das eine Kita nicht attraktiver. Möglich wäre auch, jenen Fünf mehr Geld zu geben. Immerhin will der Senat nach Tarif zahlen.

Mehmet Yildiz von der Fraktion Die Linke sieht die Pauschale kritisch. Er sei in diesem Fall für eine Abkehr vom Kita-Gutscheinsystem: „Es sollten die tatsächlichen Kosten refinanziert werden, sonst wird Lohn-Dumping gefördert.“ Der Abgeordnete fordert, dass die Tarifsteigerung für alle Kita-Träger refinanziert wird. So könnten auch jene, die ihre Mitarbeiter analog zum TV-AVH bezahlen, die Erhöhung an die Beschäftigten weitergeben. Er wisse, dass es interne Gespräche darüber gibt, sagt Yildiz: „Kommt es nicht zu einer Lösung, werden wir einen Antrag stellen.“

Auch FDP-Politiker Oetzel will die Probleme im Familienausschuss thematisieren. Allein für das Jahr 2015 gibt es einen Mehrbedarf von rund 56 Millionen Euro, weil mehr Kinder in den Kitas betreut werden. Der Senat habe es versäumt, für die Tariferhöhung Mittel einzustellen, sagt Oetzel. „Aus den Rücklagen der Träger kann das langfristig nicht finanziert werden.“

Deshalb sei die Verbesserung der Betreuungsqualität in Gefahr: Als „erste Sofortmaßnahme“ müssten nun die durch das gekippte Betreuungsgeld frei werdenden Mittel in den Kita-Qualitätsausbau fließen.

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