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"Ein Stück weit Zufall"

LESUNG Ein Buch erzählt in Interviews vom Weiterkämpfen linker AktivistInnen

Rehzi Malzahn

36,hat vor 15 Jahren das Studium abgebrochen, um Vollzeitaktivistin zu werden. Heute arbeitet sie als Autorin sowie in der Konfliktbearbeitung und Mediation

taz: Frau Malzahn, wie kamen Sie darauf, ein Buch über älter werdende AktivistInnen in der Linken zu schreiben?

Rehzi Malzahn: Ich bin selbst 36, in gewisser Hinsicht ist das also meine eigene Frage. Und ich habe mich immer wieder gefragt: Was ist aus den Gleichaltrigen von vor zehn Jahren geworden? Wie kann es weitergehen? In Diskussionen mit anderen kam dann die Idee auf, darüber mal ein Buch zu machen.

Was wird aus den Linken, wenn sie jenseits der 30 sind – werden sie einfach konservativer, resignieren sie?

Eine sehr komplexe Frage. Mir ging es aber auch nicht um die Frage, warum Menschen aufhören, politisch aktiv zu sein, sondern warum sie weitermachen.

Was ist die Antwort?

Es ist eine Mischung aus intrinsischer und extrinsischer Motivation. Es ist leichter weiterzumachen, wenn man Teil einer großen Bewegung oder eines großen Netzwerkes ist, wenn Sachen gelingen, wenn man vorwärts kommt. Aber es hat auch etwas mit der Frage zu tun: Kann ich mir das leisten? Wie gut kann ich mit Frust umgehen? Wie optimistisch oder pessimistisch ist man?

Was haben Sie bei der Recherche für sich selbst gelernt?

Dass es ganz viel um Perspektive geht, sowohl persönlich als auch gesellschaftlich. Und um den Abschied von subkulturellen Milieus – die motivieren mich heute nicht mehr.

Wonach haben Sie die Inter­­view­partnerInnen ausgesucht?

Das war ein Stück weit Zufall und genügt keinen wissenschaftlichen Kriterien. Aber ich habe versucht, eine Vielfalt der Linken abzubilden.

Das ist ein sehr weites Feld.

Das kann uferlos werden. Ich habe jetzt zum Beispiel zwar Leute aus der Anti-AKW-Bewegung, aber keine TierrechtlerInnen oder Anarcho-SyndikalistInnen dabei. Und die Frage ist auch: Was heißt dabei sein, aktiv bleiben? Für mich sind damit alle gemeint, die sich angesprochen und zuständig fühlen für gesellschaftliche Veränderung in einem emanzipatorischen Sinne.

Manche Bewegungen tun sich leichter, Ältere zu aktivieren, die Friedensbewegung etwa ...

Aber in meinem Buch ist diese leider nicht vertreten – das ist aber keine Absicht.

INTERVIEW: Jan Zier

20 Uhr, Infoladen, St.-Pauli-Str. 10–12. Das Buch „dabei geblieben“ ist im Unrast Verlag erschienen. Mehr dazu im Netz: rehzimalzahn.blogsport.eu

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