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Endlich: Trost und Hoffnung am Horizont!

Kunst Zwei Ikonen der deutschen Romantik sind seit heute wieder in Berlin zu bewundern: die Gemälde „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“ von Caspar David Friedrich. Bei der aufwendigen Restauration kamen überraschende Details zum Vorschein

Stahl ermöglichte das Wunder: Finanziert wurde die Restaurierung der Bilder „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“ durch die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung Foto: Abbildung: C. D. Friedrich, W. Borrs, reuters; Montage: taz

von Claudius Prößer

Michael Eissenhauer, der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, versprach nicht zu viel, als er am Donnerstag in der Alten Nationalgalerie zwei frisch restaurierte Ikonen der deutschen Romantik präsentierte: „Es sind neue Bilder geworden.“ Der Furor, den Caspar David Friedrichs „Mönch am Meer“ und die „Abtei im Eichwald“ bei ihrer ersten Präsentation im Jahr 1810 auslösten, er sei, so Eissenhauer, wieder nachvollziehbar geworden, seit das Restauratorinnenteam die Ölgemälde in einem dreijährigen Prozess von vergilbten und gesprungenen Firnisschichten gesäubert, stümperhafte Reparaturen aus früheren Zeiten korrigiert und originale Farbschichten freigelegt hat.

The Monk is back

Auf den vom Muff von zwei Jahrhunderten befreiten „Mönch am Meer“ sind die Hüter der Kulturschätze auf der Museumsinsel besonders stolz. Nicht von ungefähr werben die riesigen Transparente an der Fassade des Musentempels mit dem Slogan „Der Mönch ist zurück“ (bzw. für das internationale Publikum „The Monk is back“). Jetzt leuchte es wieder, das Sehnsuchtsblau, die magische Farbe der Romantik, lobte Kustodin Birgit Verwiebe die Arbeit der Restauratorinen Kristina Mösl und Francesca Schneider: „Ein Traum ist wahr geworden.“

Bevor die Spezialistinnen 2013 ihre filigranen Werkzeuge ansetzten, wurden die Gemälde einem umfangreichen diagnostischen Prozess unterzogen: Pigmentanalyse, Faseranalyse, Gewebestrukturanalyse, ja sogar eine sogenannte TCAP-Analyse (Thread Count Automation Project), bei der zweifelsfrei festgestellt werden konnte, dass die Leinwandstücke von „Mönch“ und „Abtei“ nicht nur von derselben Rolle stammen, sondern direkt aneinander angrenzten. In dem vom Rahmen verdeckten Randbereich wurden vorsichtige Schnitte gemacht, um die Grundierungs-, Farb- und Firnisschichten zu mikroskopieren. Außerdem lichtete man die Bilder mit Infrarot- und Röntgenstrahlen ab.

Warnende Stimmen

Gerade bei letzteren Verfahren trat so manche Überraschung zutage. Wie Philipp Demandt, der Leiter der Alten Nationalgalerie, zu berichten weiß, tauchten Flugobjekte auf, die vorher nicht oder nicht mehr erkennbar waren: Unter anderem wurden aus den vermeintlich 16 Möwen, die die einsame Figur umschwirren, runde 20. „Ängstlich schreiend fliegen sie um ihn her, als wollten sie ihn warnen“, hatte Friedrich seine Bildkomposition damals selbst kommentiert – warnende Stimmen, die bis in die heutige Zeit herübertönen.

Auch der Horizont auf dem „Seestük“ (O-Ton C. D. Friedrich), jene Dunkelzone, in der Himmel und Erde beinahe unmerklich ineinander übergehen, hat bei der Restaurierung deutlichere Konturen gewonnen. Verloren gingen hingegen die weißen Gespinste, die Generationen von Rezensenten als Nebelschwaden interpretiert hatten. Tatsächlich waren es Mikrosprünge in den Firnisschichten, deren Sprungkanten das darauffallende Licht reflektierten: Das Bild war stellenweise „krepiert“, wie es im Jargon der RestauratorInnen heißt.

Die kleine Sonderausstellung im Caspar-David-Friedrich-Saal dokumentiert aber auch verworfene, durch Spezialfotografie dennoch sichtbar zu machende Bildelemente, mit denen der Maler seinem Werk Struktur zu verleihen gedachte. Die bereits vorgezeichneten drei Segelschiffe erschienen ihm später wohl unverhältnismäßig dynamisch.

„Darf man das überhaupt?“

Udo Kittelmann, Direktor der Alten Nationalgalerie

Nun ist der „Mönch“ wieder da, ganz anders, als ihn unsere Kunstführer beschreiben (und auch die Kunstführer unserer Großeltern). Das verleitete am Donnerstag den Direktor der Alten Nationalgalerie, Udo Kittelmann, zu einer rhetorischen Frage: „Darf man das überhaupt?“ Seine implizite Antwort lautete selbstverständlich: Ja, man darf. Und dass es so gut gelungen sei, müsse als „Jahrhundertleistung“ gelten: „Wir sind die erste Generation, die Ähnliches oder sogar das Gleiche sieht wie die Betrachter anno 1810.“

Die Wirkung des Himmels

Und was heißt das nun alles, wenn es um eine zeitgemäße Deutung dieses faszinierenden Bildes geht, über das Heinrich von Kleist einst sagte, man habe beim Betrachten das Gefühl, „als ob einem die Augenlider weggeschnitten wären“? Philipp Demandt fand versöhnliche Worte: Die wiedergewonnene Farbigkeit verändere die Wirkung des Himmels über der Szenerie vollkommen. Er erkenne nun ein „Wiederaufscheinen von Trost und Hoffnung“, da sei „kein Schlund mehr“, der den Betrachter zu verschlingen drohe. „Der Tag, der sich da anbahnt, ist ein besserer.“

Noch ist das ein gänzlich ungewohntes Gefühl – aber im Grunde genommen ist es ein ganz gutes.

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