: Seehofer fordert eine „Wende“
Populismus Vor ihrer Klausur in Wildbad Kreuth verschärft die CSU wieder ihren Ton. Parteichef Seehofer will im neuen Jahr maximal 200.000 Flüchtlinge aufnehmen
von Daniel Bax
Erstmals brachte Seehofer dafür eine konkrete Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr ins Spiel, die Deutschland aufnehmen solle. „Diese Zahl ist verkraftbar, und da funktioniert auch die Integration. Alles was darüber hinausgeht, halte ich für zu viel“, sagte Seehofer der Bild am Sonntag. In dem Papier ihrer Landesgruppe, das bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth als Vorlage dient, fordert die CSU dazu eine Reform des europäischen Asylrechts. Dieses müsse ergänzt werden um die Möglichkeit, „anrechenbare“ humanitäre Flüchtlingskontingente sowie nationale und europäische Obergrenzen einzuführen.
Außerdem will die CSU in Wildbad Kreuth beschließen, Flüchtlinge ohne gültige Ausweispapiere künftig an den Grenzen zurückzuweisen. Diese Forderung war bereits vor dem Jahreswechsel publik geworden. Zuvor hatte die CSU mit ihrer Forderung nach einer Integrationspflicht für Zuwanderer für Aufsehen gesorgt. Diese sollen künftig zu Deutschkursen und einem Grundwertebekenntnis verpflichtet werden – sonst drohen Leistungskürzungen.
Beide Forderungen wurden von Grünen, Linken und der SPD umgehend zurückgewiesen. Und auch Seehofers neuester Obergrenzen-Vorstoß stieß auf scharfe Kritik. Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter nannte ihn „skrupellos und schäbig“.
Dabei ist auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wie Seehofer der Meinung, dass die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge reduziert werden müsste. „Das ständige Gerede über nationale Obergrenzen hilft dabei keinen Schritt weiter“, teilte er am Sonntag jedoch in Richtung Seehofer aus. Viel wichtiger sei es, die EU-Außengrenzen besser zu sichern und sich auf ein europäisches Flüchtlingskontingent zu einigen, so Oppermann. „Das ist die Linie der Koalition, die Merkel jetzt auch in den eigenen Reihen und gegen Horst Seehofer durchsetzen muss.“
Die CDU hält sich dagegen mit Kritik an der Schwesterpartei zurück. Zu der Forderung, Flüchtlingen ohne Papiere die Einreise zu verwehren, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nur schmallippig, es seien „zurzeit keine weiteren Änderungen geplant“. Und CDU-Vize Armin Laschet bezeichnete die Idee als „nicht praktikabel“. Einer Integrationspflicht per Gesetz ist die CDU aber nicht abgeneigt: Auf Druck der CDU-Vizevorsitzenden Julia Klöckner hat sie auf ihrem Parteitag Mitte Dezember in Karlsruhe bereits einen ähnlichen Beschluss gefasst – inklusive Sanktionen bei Fehlverhalten.
Am Mittwoch wird neben Seehofer auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in Wildbad Kreuth erwartet. Das dürfte dem Treffen viel Aufmerksamkeit bescheren. Und in seiner Neujahrsansprache hat Horst Seehofer bereits ein weiteres Highlight angekündigt. Anfang Februar will er den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau treffen. So hält sich Bayerns Ministerpräsident im Gespräch.
Kommentar
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen