Die Liebeserklärung: Wladimir Putin
Ein Komitee setzt sich für die Heiligsprechung Putins durch die orthodoxe Kirche ein. Das wurde aber auch Zeit
Russland war einst ein Land der Wunder. Und es gibt sie noch, die verschrobenen Figuren, die aus der Ferne übers Fernsehen heilen. Doch dies Metier ist inzwischen auch monopolisiert. Wladimir Putin beweist selbst als Wunderheiler Dominanz. Ein Unterstützerkomitee kämpft nun deshalb für seine Heiligsprechung durch die orthodoxe Kirche.
Nicht zu Unrecht: Als Mann von tadellosem Glauben, der ein anständig rechtschaffenes Leben führt, schuftend wie ein „Sklave auf einer Galeere“ im Dienst des Volkes, hat Wladimir sich ein Anrecht auf Himmelsnähe längst erworben. Zumal auch Kirchgänger zu ihm als Retter und Erlöser aufschauen. Die orthodoxe Kirche spricht gewöhnlich erst post mortem heilig. Dabei legt sie Wert auf körperliche Integrität – sprich die Vollständigkeit der Gebeine. Der Antrag ist gestellt, und je früher die Synodalen um das Vorhaben wissen, desto zweckdienlichere Vorbereitungen können getroffen werden. Eigentlich kann nichts schiefgehen. Wunder liefert Wladimir zur Genüge.
War es nicht großartig, wie er im letzten Jahr die Krim befriedete und anschließend die russischsprachigen Ukrainer im Osten des Landes von der fremden Sprachgeisel befreite – und das mit Kriegern auf Urlaubsschein? Dass die Krimbewohner ohne Strom dasitzen, weil das Raubopfer auf Rache sann, sei ihm verziehen. Gewalt und Rache sind der Welt eines Heiligen fremd. Er hält halt eher noch die andere Wange hin. Wladimir verschont das Volk mit traurigen Nachrichten, ist voller Empathie. Die Opfer des Terroranschlags auf den Airbus über dem Sinai ließ er schnell und ganz leise zu Grabe tragen. Vergessen sind sie, wühlen niemanden auf. Fürwahr ein Wunderheiler, der sich mit Trauerarbeit nicht aufhält.
Wladimir hat das große Ganze im Auge, und das sollte gewürdigt werden. Ein Heiliger muss sich nicht an der kleinkarierten Frage orientieren: tot oder lebendig? Er steht darüber. Klaus-Helge Donath
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