Kolumne Gefühlte Temperatur: Klimadödel, wo seid ihr?
Es ist falsch, von „Klimaskeptikern“ zu sprechen. Weil sie einen Begriff okkupieren, mit dem sie nichts zu tun haben. Verblendung allerorten.
Klimaskeptiker sind furchtbar. Ich habe länger versucht, sie zu verstehen. Wir hatten Mailverkehr, die Skeptiker und ich, und irgendwann habe ich es aufgegeben.
Spaßeshalber habe ich sie auf dem Klimagipfel gesucht und bin eine Stunde lang durch die Messehallen geirrt, weil sie angeblich einen Stand haben.
Eigentlich ist es falsch, Klimaskeptiker als solche zu bezeichnen. Weil sie einen Begriff okkupieren, mit dem sie nichts zu tun haben. Das ist wie bei Pegida, die angeblich für die Werte des Abendlandes eintreten, dabei treten sie eben diese Werte mit Füßen.
Klimawissenschaft ist an und für sich skeptisch, sich selbst gegenüber. Wissenschaft halt. Ein Klimaskeptiker ist an und für sich nicht skeptisch. Er weiß schon, dass alles, was die Wissenschaft zutage gefördert hat, falsch ist. Deshalb nenne ich sie ab sofort, klingt jetzt hart, aber: Dödel.
Alle unter einer Decke
Der Erde droht der Hitzekollaps. Deshalb wollen die Staatschefs der Welt Anfang Dezember in Paris einen globalen Klimaschutz-Vertrag vereinbaren. Die taz berichtete vom 28. November bis zum 14. Dezember 2015 täglich auf vier Seiten in der Zeitung und hier auf taz.de.
Mir hat mal ein Dödel eine Mail geschickt, mit einer Seite voller Zahlen, auf der er den Klimawandel widerlegte. Ich schrieb ihm, dass er ein Genie sei, allerdings kämen mehrere tausend Wissenschaftler zu anderen Ergebnissen. Egal, ob sie nun aus China, den USA, Turkmenistan oder Angola kämen. Er schrieb mir, dass die alle unter einer Decke steckten und ich keine Ahnung hätte.
Ein anderer Dödel war Professor. Er schickte mir eine Publikation von sich selbst, in der er ausrechnete, dass es keinen Klimawandel gibt. Ich machte ihn auf den Weltklimabericht aufmerksam, der den aktuellen Stand der Wissenschaft zusammenfasst. Da kämen etliche tausend Wissenschaftler zu anderen Ergebnissen. Er schrieb mir, ich solle ihm nicht diesen Mist schicken, die steckten doch alle unter einer Decke.
Am Ende lief das immer darauf hinaus, dass die Dödel mir vorwarfen, ich würde eben an meine Wahrheit glauben, da sei nichts zu machen. So wie auf diesen Weltklimagipfeln. Da sind sie offenbar auch verblendet. Alle.
Leser*innenkommentare
mowgli
Also bitte, sehr verehrter ingo Arzt: Wo bleibt denn da das Mitgefühl?
Sie müssen das verstehen: Wenn Sie diesen "Klimadödel[n]" etwas von "mehreren tausend Wissenschaftlern" schreiben, die "zu anderen Ergebnissen" gekommen sind als sie, dann müssen die doch resignieren. Sie haben schließlich einen großen Teil ihrer Lebenszeit und ihres Gehirnschmalzes in jene "eine Seite voller Zahlen" investiert, die beweisen soll, dass sie ein (verkanntes) "Genie" sind (und jeden Cent wert, den ihre Auftraggeber in sie investieren). Wo sollen sie denn da genügend Zeit hernehmen, die Argumente jedes einzelnen der vielen Wissenschaftler skeptisch zu prüfen, die anderer Meinung sind als sie? Der Tag hat auch für Klimadödel 24 Stunden und keine einzige mehr. Das reicht vermutlich grade noch, um vor dem Einschlafen zu denken: "Die stecken doch unter einer Decke und haben keine Ahnung! Alle!"