Kolumne Gefühlte Temperatur: Gipfel mit Mehrweg
Plastiktüten in der Papiertonne, Dosen im Altpapier. Mülltrennung klappt beim Klimagipfel nicht so gut, Müllvermeidung schon eher.
Dass Abfallvermeidung eine wichtige Sache ist, müssten die meisten hier bei der Klimakonferenz in Paris eigentlich wissen. Mülldeponien sind wichtige Quellen von Treibhausgasen, und Recycling spart jede Menge Energie und Rohstoffe. Doch dass dieses theoretische Wissen auch praktische Konsequenzen hätte, davon kann leider keine Rede sein.
Auch von all den Menschen, die hier zwei Wochen lang über die Rettung der Welt verhandeln oder diesen Versuch beobachten, schaffen es viele nicht, ihre Abfälle in den richtigen Behälter zu werfen. Dabei haben sich die Organisatoren alle Mühe gegeben: Alle paar Meter stehen bunte Pappbehälter, die – mehrsprachig und mit klaren Symbolen – zeigen, was wo hineingehört.
Trotzdem verirren sich Plastiktüten in die Papiertonne, Apfelreste zu den Verpackungen und Getränkedosen ins Altpapier. Verstärkt wird das Problem durch die Mitarbeiter der Entsorgungsfirma, die den Abfall beim Leeren der Behälter recht unorthodox auf die größeren Tonnen außerhalb der Messehallen verteilen.
Fürs Klima ist damit aber trotzdem noch nicht alles verloren. Denn die gesammelten Abfälle werden unmittelbar außerhalb des Konferenzgeländes in einem großen Zelt durch ein optisch-mechanisches System noch einmal getrennt, berichten die französischen Konferenzorganisatoren.
Kaffee gibt es beim Gipfel in Mehrwegbechern, die – dank einem Euro Pfand – brav zurückgebracht werden
Der Erde droht der Hitzekollaps. Deshalb wollen die Staatschefs der Welt Anfang Dezember in Paris einen globalen Klimaschutz-Vertrag vereinbaren. Die taz berichtete vom 28. November bis zum 14. Dezember 2015 täglich auf vier Seiten in der Zeitung und hier auf taz.de.
Ob die Maschinen sorgfältiger arbeiten als die Menschen, darf ich mir aus Sicherheitsgründen nicht ansehen. Doch am Ende würden alle Abfälle wiederverwendet, versichern die freundlichen Mitarbeiter am Stand von Gastgeber Frankreich. Wobei sie auch die „energetische Verwendung“ meinen, also die Verbrennung in Müllkraftwerken.
Und noch etwas macht Mut bei dieser Mammutkonferenz: Deutlich besser als die Mülltrennung funktioniert in Paris die ökologisch noch viel sinnvollere Müllvermeidung. Kaffee gibt’s in Mehrwegbechern, die – dank einem Euro Pfand – brav zurückgebracht werden. Und auch die stabilen Mehrwegflaschen, die jedeR TeilnehmerIn in seiner Begrüßungstasche vorgefunden hat, werden reichlich genutzt und an den kostenlosen Wasserspendern aufgefüllt – statt Wasser in kleinen Einwegflaschen für 1,50 Euro zu kaufen.
Insofern hat diese kopflastige Konferenz dann doch noch eine positive Botschaft für die Praxis: Müllvermeidung kann funktionieren. Vor allem, wenn sich damit nicht nur die Welt retten, sondern auch noch Geld sparen lässt.
Leser*innenkommentare
mowgli
Sie haben den Text Ihres Kollegen Bernhardt Pötter gelesen, Herr Kreuzfeldt? Wenn ja, müssten Sie meine Bedenken eigentlich verstehen können.
Ich frage mich wirklich, ob Leuten, die auf solche Art "verhandeln" über unser Klima, es überhaupt ernst meinen können damit – oder ob man nicht vielmehr ein in der Wolle gefärbter Klimaskeptiker sein muss, um für den Job des Verhandlungsführers überhaupt in Frage zu kommen. Im zweiten Fall würde sich die Sache mit der nicht beherrschten Mülltrenn-Praxis irgendwie ins Puzzle fügen.
Allerdings bliebe in dem Fall auch wenig Hoffnung darauf, dass die sündhaft teuren und klimaschädlichen Mammutkonferenzen jemals mehr sein werden als vollkommen überflüssige PR-Aktionen, mit der eitle Egomanen ihr Image aufpolieren wollen. Wie gut also, dass die Vernunft manchmal auch ohne sie ans Ziel gelangt.
Mein Rat: Die Welt retten, in dem man alle, denen dieser das Wichtigste im Leben ist, an ihrem ganz privaten Geldbeutel packt. Aber Achtung: es besteht durchaus das Risiko, dass diese Leute sich entschieden wehren, wenn es um mehr geht als 1,50 Euro.