: "Grundrecht auf Wohnen"
Rundgang Aktivisten protestieren für Wohnraum für Geflüchtete und gegen Leerstand
48,ist Aktivist beim „Aktionsbündnis Refugees Welcome“ in Bremen.
taz: Herr Schlusche, die Kundgebung findet in der Neustadt statt, warum?
Torsten Schlusche: Der Stadtteil ist im Aufstieg. Die Mieten steigen und der Wohnraum dort ist begehrt. Trotzdem hat sich nach unseren Recherchen ergeben, dass viele Gebäude leer stehen und als Wohnraum genutzt werden könnten. Es ist wichtig, Leerstand in einem Stadtteil nachzuweisen, der im allgemeinen prosperiert.
Was ist eine öffentliche Beschlagnahmung?
Der Senat will leer stehende Gebäude als Wohnraum beschlagnahmen. Dafür haben sie das Polizeigesetz geändert, wenden es aber nicht an. Wir finden das Gesetz aber gut und treiben es weiter, indem wir öffentlich auf Leerstand aufmerksam machen.
Was ist das Ziel des Protestes?
Derzeit leben etwa 3.000 Geflüchtete in Zelten oder Turnhallen. Das ist eine menschenunwürdige Unterbringung. Der Leerstand muss für Geflüchtete genutzt werden. Wir wollen Geflüchtete in sichere Wohnungen bekommen und eine breite Diskussion in der Stadt anfangen. Vor allem mit denen, die Leerstand zulassen, also den EigentümerInnen und der Politik.
Was kann die Politik tun?
Sie muss vor allem offensiv gegen den Wohnraummangel vorgehen. Es reicht nicht, auf Zuruf einzelnen Wohnraum nutzbar zu machen, dafür muss es eine Behörde geben, die aktiv handelt.
Ist die Beschlagnahmung von privatem Wohnraum legitim?
Aus dem Grundgesetz kann man ein Grundrecht auf Wohnen ableiten. Wir denken, das steht über dem Recht auf Privateigentum.
Baden nicht die EigentümerInnen die Fehler der Politik aus?
Eigentum heißt auch, Verpflichtungen und Verantwortung zu übernehmen. Es würde bei Beschlagnahmungen ja auch Entschädigungen geben. Die Fehler wurden vor 20 Jahren gemacht, als der soziale Wohnungsbau eingestellt wurde. Das Geld, was jetzt in Container fließt, hätte damals besser eingesetzt werden können.
„Es besteht kein Recht auf Zweitwohnsitz“ heißt es im Aufruf, was bedeutet das?
Wir wollen auf anderen ungenutzten Wohnraum aufmerksam machen. Wie Pendler, die ihren Zweitwohnsitz kaum nutzen, oder Ferienwohnungen. Wenn wir eine Diskussion über Leerstand erreichen, können wir solche Nischendiskussionen in Ruhe führen.
INTERVIEW: Jannik Sohn
„Wohnraum für alle“: Kundgebung, 13 Uhr, Lahnstraße 61
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