piwik no script img

Fiktionaler Schrecken

VERKEHR Die U55 pausierte den ganzen Tag – aber nicht wegen des Terrors in Paris

Um 12 Uhr blieben Busse und Bahnen kurz stehen – zumindest jene, die ohnehin gerade im Bahnhof oder am Straßenrand haltmachten. Die BVG beteiligte sich mit diesem Moment des Stillstands am Gedenken der Opfer von Paris. Über Ansagen und Hinweise auf den elektronischen Haltestellendisplays erfuhren die Fahrgäste den Grund dafür.

Dass die Stummel-U-Bahn U55 zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor den ganzen Tag über nicht fuhr, hatte einen anderen Grund, der trotzdem auf unheimliche Weise mit dem Phänomen Terror zusammenhing: Die US-amerikanische Produktionsfirma Fox21 hatte den U-Bahnhof Bundestag als Set für die Serie „Homeland“ gemietet, die sich um den Kampf der CIA gegen islamistische Terroristen dreht. Die aktuelle 5. Staffel entsteht unter anderem in Berlin.

Natürlich war der Drehtag im Untergrund schon lange vertraglich vereinbart. Aber laut BVG-Sprecherin Petra Reetz darf man auch „gar nicht erst anfangen, sich den Alltag von den Terroristen wegnehmen zu lassen“. Fernsehserien – auch solche, die den Terrorismus selbst zum Thema haben – „gehören nun mal zu unserem Leben dazu, und wenn wir uns vom Leben verabschieden, haben die Terroristen gewonnen“.

In jedem Fall soll die temporäre Stilllegung die absolute Ausnahme bleiben. Dass es die U55 traf, liegt auf der Hand – sie führt durchs Regierungsviertel und ist, was niemanden verwundern dürfte, bei den Fahrgastzahlen „unsere schwächste Linie“, so die Sprecherin. Finanzielle Einbußen entstünden der BVG nicht, erklärte Reetz: Die Produktionsfirma zahle Miete und übernehme alle entstehenden Kosten, etwa für den eingerichteten Schienenersatzverkehr. Claudius Prößer

Reportage SEITE 22

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen