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Hools-Treff vor dem Aus?Kleine Frage, große Wirkung

Eine Frage der Linkspartei zur Bremer Kneipe „Bells“ hat Konsequenzen: Der Vermieter will einen Treffpunkt der rechten Szene nicht dulden.

Polizeieinsatz beim Nordderby: Die Fragen der Linksfraktion zielen auf die Hintergründe Foto: Jaspersen/dpa

BREMEN taz | Fast wäre sie untergegangen, die Frage 16: In einer Großen Anfrage der Bremer Linkspartei ging es um „Polizeiliche Konzepte und (politische) Auseinandersetzungen bei Fußballspielen“. Ein Rundumschlag sollte es sein, die Diskussion um die Kostenbeteiligung der Deutschen Fußball Liga an Polizeieinsätzen ebenso abdecken, wie die Hintergründe zu den Geschehnissen, die zur Verhaftung des linken Ultras Valentin S. nach dem Nordderby in Bremen führten. Doch jene Frage 16 führte schon jetzt zu Konsequenzen – dabei wurde sie zunächst falsch beantwortet.

Am 27. Oktober hatte der Bremer Senat die Antworten auf die insgesamt 39 Fragen veröffentlicht. Dass Kristina Vogt, Fraktionschefin der Linkspartei, daraufhin Kritik an Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) äußert, ist nicht überraschend: „Ulrich Mäurer bleibt dabei, den Konflikt zu entpolitisieren“, erklärt sie in Bezug auf die Auseinandersetzungen zwischen linken Ultras und rechten Hooligans. Das sei „fatal“. Vogt bemängelt aber auch die Art, wie im Senat mit der Linken-Anfrage umgegangen worden sei: „Viele Fragen wurden unvollständig und unkorrekt beantwortet“, so Vogt.

Darunter eine Frage, in der es um die Kneipe „Bells“ an der Diskomeile am Hauptbahnhof ging. Die gilt auch bei der Polizei als „ein beliebter Treffpunkt der rechten und gewaltbereiten Hooligan-Szene“. Anfang August hatte die taz berichtet, dass der Teil der Immobilie, in dem sich die Kneipe befindet, dem Bremer Geschäftsmann Theo Bührmann gehört. Die Bührmann-Gruppe ist Eigentümerin zahlreicher weiterer Immobilien in Bremen – seit Kurzem unter anderem des Vulkan-Gebäudes in Bremen-Nord, in dem eine Erstaufnahme für Flüchtlinge entstehen soll. Theo Bührmann ist auch Kooperationspartner für die Unterbringung von Flüchtlingen im Bayernzelt, das nun in der Neustadt aufgestellt werden soll. Bekannter ist Bührmann aber womöglich für das Sechs-Tage-Rennen, das er seit 2012 gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung Bremen ausrichtet.

Die Kneipe „Bells“ nun wechselte vor Kurzem die Pächterin und heißt neuerdings „Old School‘s“. Aus Sicht der Beratungsstelle „pro aktiv gegen rechts – Mobile Beratung in Bremen und Bremerhaven“ ist das „Old School‘s“ allerdings eine Fortsetzung des Bells-Konzepts: Zur Eröffnung sei dort ein „Hannes“ als Gast angekündigt worden - wohl Hannes Ostendorf, Sänger der Rechtsrock-Band „Kategorie C“, auch das W-LAN-Netzwerk des Old School‘s habe zumindest vor ein paar Tagen noch den unzweideutigen Namen „Hitler war ein guter Mann“ getragen.

Das W-LAN-Netzwerk der Kneipe hieß bislang Hitler war ein guter Mann

Doch auf die Frage der Linkspartei, ob geschäftliche Beziehungen der Stadt zu dem Eigentümer der Immobilie bestünden, in dem sich besagte Kneipe befindet, wurde dies verneint: Das Gebäude bestehe aus 12 Teileigentümern, und: „Der Senat unterhält keine geschäftlichen Beziehungen zu den privaten Teileigentümern inklusive der einschlägigen Kneipe“.

Eine Antwort, die aus dem Bremer Bauressort kam. Einen Tag nach Veröffentlichung der Großen Anfrage sei das auf Nachfrage mit namentlichem Bezug zu Herrn Bührmann allerdings sofort bestätigt worden, erklärte Jens Tittmann, Sprecher des Bauressorts. „Es hat ein Missverständnis gegeben, ob die Stadt in Bezug auf die Kneipe selbst Teileigentum hat und in dem Sinne wurde auch geantwortet“. Zu den elf anderen Teileigentümern sei geantwortet worden, dass sie nicht der Stadt gehören.“ Tittmann wies entschieden zurück, dass dies absichtlich falsch beantwortet worden sei.

Doch was folgt nun aus den neuen Informationen? Linken-Chefin Kristina Vogt sieht den Senat in der Verantwortung: „Man kann erwarten, dass er Stellung bezieht und darauf reagiert“, so Vogt. Die Kneipe am Bahnhof sei „kein Grenzbereich“. Wilko Zicht, innenpolitischer Sprecher der Grünen, erklärte: „Wenn Herr Bührmann Einfluss darauf hat, die Bahnhofsvorstadt von einem allseits bekannten Nazi- und Hooligan-Treffpunkt zu befreien, dann erwarte ich von ihm, dass er diesen Einfluss auch nutzt“.

Und Theo Bührmann? Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass die Kneipe als Treffpunkt für Rechte gilt, sagte er der taz. Es sei nicht in seinem Sinne und nicht mit ihm abgesprochen. „Aber solange die Pächterin nicht gegen gewerbliche Auflagen verstößt, sind wir als Immobilienbesitzer außen vor.“ Später erklärte Bührmann, er habe die Pächterin erneut auf die Vorwürfe angesprochen und sie habe ihm versichert, dass in ihrer Kneipe die rechte Szene nicht verkehre. „Sollte dies dennoch das Fall sein, suchen wir uns eine neue Pächterin“, so Bührmann zur taz.

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