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Die Herren des Universums sind hinter ihm her

WANDBILDER Gut, dass es die Fotodokumentation gibt – sie überliefert eine Dekade der Bilder von Banksy, dem geheimnisvollen Meister der Street Art, auch dann noch, wenn sie von den Wänden in Los Angeles, New York oder Wien längst wieder verschwunden sind

Doch gleichgültig, wie viele Millionen Dollar bei Sotheby’s für einen Banksy bezahlt werden beziehungsweise gleich für das ganze Haus, auf dem der Banksy prangt, seine Kunst ist öffentlich und sie existiert, recht besehen, nur in der Straße

VON BRIGITTE WERNEBURG

Sich die Ärgernisse des Alltags und der Politik vorzuknöpfen und sich dabei auch über sie zu erheben, Abstand zu gewinnen, ohne dabei überheblich, pompös oder verrätselt zu werden, sondern im Gegenteil witzig, frech, populär und politisch zu argumentieren, das gelingt in der zeitgenössischen Kunst nur sehr wenigen Künstlern und Künstlerinnen. Banksy ist die rare Ausnahme, die immer, wenn man ihr begegnet, verblüfft und erfreut. Trotz des Medienrummels, der um ihn gemacht wird.

Das fällt anlässlich einer aktuellen Publikation, die Banksys ikonische Bilder der letzten Dekade versammelt, von Los Angeles über New York bis Wien, erneut auf. „Banksy. Your Are an Acceptable Level of Threat And if You Were Not You Would Know About it“ überrascht statt der erwartbaren Knipserfotos von Fans mit ganz hervorragenden Aufnahmen.

Das letzte Foto des Bands etwa ist eine grandiose Stadtansicht. So stellt man sich vor, sollte Architekturfotografie ausschauen. Während eine Phalanx mächtiger Bürogebäude den Horizont verstellt, glänzen im Vordergrund drei ebenso mächtige Straßenbäume siegreich in der Sonne, die hinter ihnen eine knallweiße, hoch aufragende Brandmauer bestrahlt, auf der eine typische Banksy-Schablonenfigur mit Gasmaske und der Satz „If at first you don’t succeed – call an airstrike“ zu sehen sind.

Von Banksy, der den Masters of the Universe auf so unnachahmliche Art und Weise den Stinkefinger zeigt – schon indem er ihr Eigentum als seinen Malgrund reklamiert –, ist wenig bekannt. Der Name ist ein Pseudonym, hinter dem der Künstler völlig abgetaucht ist. Er gibt keine Interviews und signiert auch keines seiner Werke. In den britischen Medien wird vermutet, dass es sich bei Banksy um den 1973 in Bristol geborenen Robin Gunningham handelt, dessen Spuren sich seit 2000 verlieren und dessen Wohnortwechsel und Freundschaften mit anderen Künstlern zur Geschichte von Banksy passen könnten.

Eigentum nicht möglich

Natürlich sind die Herren des Universums schwer hinter diesem geheimnisvollen Kerl her. Am Anfang hinter dem Meister der Street Art, dem Kriminellen, der ihr Eigentum schändet und den sie deshalb dingfest machen wollten. Inzwischen sind sie hinter dem berühmten Künstler her, dessen Werk, wie sie finden, heute erst recht in ihr Eigentum gehört, selbst oder gerade weil er sich über ihren Kunstgeschmack mokiert und ihrem heißgeliebten Jeff-Koons-Pudel (auch als „Balloon Dog“ bekannt) einen Maulkorb verpasst. Letztere Entwicklung ist selbstverständlich der schwerere Schlag für Banksy und die Street Art.

Doch gleichgültig, wie viele Millionen Dollar bei Sotheby’s für einen Banksy bezahlt werden beziehungsweise gleich für das ganze Haus, auf dem der Banksy prangt, seine Kunst ist öffentlich und sie existiert, recht besehen, nur in der Straße.

Deshalb sind Banksys Bilder und Kommentare ephemer. Schnell und unerwartet tauchen sie auf und schnell verschwinden sie wieder. Sie zu retten und zu überliefern, taugt jedoch die Fotodokumentation besser als jede Sammlung, diesen Beweis tritt Carpet Bombing Culture, der selbst ernannte „Counter-Culture Publisher Par Excellence“, mit seinem Bildband an. Schließlich nagen Banksys Ratten in einem je ganz distinkten urbanen Umfeld an den Grundfesten der herrschenden Ökonomie und Politik – und nicht in einem Bild, das in der Galerie hängt.

■ „Banksy. You Are an Acceptable Level of Threat And if You Were Not You Would Know About it.“ Zusammengestellt von Gary Shove und Patrick Potter. Carpet Bombing Culture, London 2012, Hardcover, 228 Seiten, 229 Illustrationen, Vertrieb Gingko Press, 27,50 Euro

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