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Bulgarien Afghane wurde von Grenzschützern getötet – angeblich ein VersehenTodesschuss nach illegalem Grenzübertritt

Berlin taz | Flucht mit tödlichem Ende: Ein Afghane ist in der Nacht zu Freitag bei dem Versuch, von der Türkei aus über die Grenze nach Bulgarien zu gelangen, von bulgarischen Grenzschützern erschossen worden. Nach Angaben des Innenministeriums in Sofia ereignete sich der Vorfall in der Nähe der südostbulgarischen Kleinstadt Sredez.

Der tödlich getroffene Mann habe zu einer Gruppe von 54 unbewaffneten Flüchtlingen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren gehört. Sie seien den Anweisungen der Polizei, sofort anzuhalten und umzukehren, nicht nachgekommen und hätten „Widerstand“ geleistet, hieß es im Innenministerium. Daraufhin habe einer der Grenzschützer Warnschüsse abgegeben. Einer davon müsse irgendwo abgeprallt sein und den Mann am Nacken getroffen haben. Auf dem Weg ins Krankenhaus sei er seinen Verletzungen erlegen. Die übrigen Flüchtlinge, die angaben, aus Afghanistan zu stammen, jedoch keine ­Papiere bei sich hatten, wurden festgenommen; Ermittlungen zum exakten Tathergang sind eingeleitet.

Der bulgarische Präsident Rossen Plewneliew bedauerte den Zwischenfall. Der „tragische“ Vorfall werde zu einem „Markstein“ in der „schweren Flüchtlingskrise in Europa“, erklärte Plewneliew. Regierungschef brach seinen Besuch beim EU-Flüchtlingsgipfel in Brüssel am Donnerstagabend vorzeitig ab.

In den Foren bulgarischer Onlinemedien löste die Nachricht vom Tod des Afghanen ganz unterschiedliche Reak­tionen aus. Man solle die Grenzschützer mit einem Orden dafür auszeichnen, dass sie ihre Pflicht erfüllt hätten, lautete ein Leserkommentar auf dem Nachrichtenportal Novinar. Und auf der Nachrichtenseite Mediapool schrieb ein User: „Es kann nicht sein, dass auf einen unbewaffneten Menschen geschossen wird, der vor dem Krieg aus seiner Heimat geflohen ist. Das ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ Barbara Oertel

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