: Kino der speziellen Lüste
SUBKULTUREN Am Montag beginnt in Kiel das 8. Fetisch Film Festival
Das Schlimmste, was einer Subkultur passieren kann: Mainstream werden. So wie es jüngst der Sadomaso-Szene passiert ist: Erst wurde die Trilogie „Fifty Shades of Grey“ zu internationalen Bestellern, dann war das größtenteils weibliche Publikum so begierig auf eine Verfilmung, dass kaum ins Gewicht viel, wie schlecht diese Leinwandfassung war. Aber: Auch „Fifty Shades of Grey“ wird in Kiel zu sehen sein: am kommenden Donnerstag.
Seit acht Jahren wird dort das Fetisch Film Festival organisiert. Viele Zuschauer hat es nie angelockt, aber Kenner und Liebhaber. Und mehr Zuspruch wäre, einerseits, gefährlich: Dadurch würde das Festival seinen ganz eigenen, queeren Charakter verlieren. Und so macht der Veranstalter kaum Werbung, auf der Homepage des Spielorts etwa fehlt jeder Hinweis und man muss schon gezielt suchen, um das Programm zu finden.
Dabei könnte das Fetisch Film Festival, andererseits, mehr Besucher gut brauchen: Dauerte es vor einigen Jahren noch zehn Tage und bot über 40 Filme, sind es in diesem Jahr nur noch 14 Langfilme, darunter auch noch „Das Zimmermädchen Lynn“, den es schon im Vorjahr zu sehen gab.
Immerhin auf eine „Internationale Premiere“ kann man hinweisen: Der schwedische Film „Kim“ (Sa, 31. 10.) hatte erst vor ein paar Wochen Uraufführung. Es geht um eine Frau, die von zwei Männern geliebt wird und an einer riesigen Kunstinstallation baut –aus 3.000 Metern Klebeband. Bondage also in ganz anderer Dimension.
Die Dokumentation „La Cérémonie“ (Do, 29. 10.) bietet eine Art Realitätscheck für die Praktiken und Rituale, zu deren Popularisierung „Fifty Shades ...“ derart beigetragen hat. Lina Mannheimer hat in kunstvoll fotografierten Sequenzen einige sadomasochistischen Inszenierungen der heute 85-jährigen Catherine Robbe-Grillet eingefangen. Vor allem aber berichtet die Schauspielerin, Schriftstellerin und über 50 Jahre lang Ehefrau des Autors Alain Robbe-Grillet, wie und warum sie dieser Leidenschaft verfallen ist.
„Love Hotel“ (Di, 27. 10.) ist eine Dokumentation über Stundenhotels in Osaka mit ihren thematisch eingerichteten Zimmern, die von Paaren aufgesucht werden, weil japanische Wohnungen sehr klein sind –und sehr hellhörig.
Mit „The Duke of Burgundy“ wird die Subkultur dann auch noch durch das Arthouse-Kino untergraben: Peter Stricklands Melodram über die Beziehung zwischen einer Schmetterlingsforscherin und ihrer Haushälterin kommt im Dezember in die Kinos, läuft nun am 30. Oktober als Vorpremiere –und könnte der Abgesang des Kieler Festivals werden. HIP
8. Fetisch Film Festival: 26. bis 31. Oktober, Traum-GmbH, Kiel
http://traumgmbh.de/fetischfilmfestival
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