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Leuchttürme vor NeufundlandLicht in Nacht und rauer See

Für viele Seefahrer waren die Leuchtürme vor Neufundland die letzte Rettung. Heute dienen einige von ihnen als Museum.

Der östlichste Vorposten Kanadas: der Leuchtturm von Cape Spear. Foto: imago/All Canada Photos

Was für eine Kulisse für ein Sandwich mit Curryhuhn! Ein Eisberg hat sich in die kleine Bucht von Ferryland verirrt. Wie ein großes Stück Talg schmilz er milchig-weiß vor sich hin, und gleich dahinter taucht jetzt prustend ein Wal auf und zieht für ein paar Minuten seine Runden. Da schmeckt die frisch gemachte Zitronenlimonade gleich nochmal doppelt so gut. Und die Pastete mit Moltebeeren scheint geradezu in einem nordischen Schlaraffenland gebacken worden zu sein.

Es ist ein sehr ungewöhnlicher Ort für ein Picknick. Klein und gedrungen brütet der Leuchtturm von Ferryland auf seinem Felsennest vor sich hin. In seinem Schatten haben die Besucher ihre Decken ausgebreitet und warten, bis eine junge Frau in weißer Schürze mit einem Korb kommt und die Brote und Salate auspackt, die sie vorher im ehemaligen Wärterhaus bestellt haben.

Jill Curran und Sonia O’Keefe, beide Mitte dreißig, haben sich das „Leuchtturm-Picknick“ vor ein paar Jahren einfallen lassen. Seitdem sind sie den Sommer über fast jeden Tag ausgebucht. Einheimische wie Touristen lassen sich Krabben- und Käsebrote schmecken, und ab und zu legt auch ein Wanderer vom East Coast Trail, dem Weg, der sich 265 Kilometer an der Ostküste entlangzieht, eine Zwischenstation ein.

Jills Großmutter wuchs auf diesem Felsen auf. Generationen ihrer Vorfahren, der Costellos, waren hier als Wärter tätig. Jill, die selbstbewusste Chefin, renovierte das verfallene Gebäude von 1870 zusammen mit der Gemeinde.

„Für uns haben Leuchttürme nichts Romantisches“, sagt sie. „Sie haben unzählige Leben gerettet. Deshalb verdienen sie Respekt.“ Das Meer sollte man ernst nehmen.

Reisetipps

Essen und Trinken: Manche Leute nehmen größere Umwege in Kauf, um in den Genuss der erklärtermaßen besten Fish & Chips von Neufundland zu kommen: "By the beach" in Portugal Cove, Conception Bay, Viel anderes gibt es dann natürlich nicht.Wie hochkarätig moderne Newfie-Küche sein kann, beweist das "Bacalao" in der Hauptstadt St. John`s, 65 LeMarchant Road: Frühlingsrolle von der Königskrabbe, Karibousteak mit Preiselbeeren, marinierte Muscheln – das Beste aus dem Meer und von der Tundra. www.bacalaocuisine.ca

Leuchttürme für Spezialisten: http://www.unc.edu/~rowlett/lighthouse/nflw.htm

Übernachten am Leuchtturm: www.linkumtours.com

Infos: Neufundland und Labrador Tourismus, www.newfoundlandlanbrador.com

Literatur: Mechtild Opel "Kanada - Maritime Provinzen mit Neufundland und Labrador", Reise Know-How 2008, 19.90 Euro

Fischer und Seeleute wissen das, gerade auf einer sturmumtosten, kliffgesäumten Insel wie Neufundland, die mit Labrador zusammen 29.000 Kilometer Küstenlinie aufweist. Deshalb ließen sie Leuchttürme bauen. Mehr als 50 dieser Bauwerke betreibt die kanadische Küstenwache dort noch heute. Sie bestehen aus Holz, Beton, Eisen oder auch rosa Granit, sind von schlanker Eleganz oder gedrungener Zweckmäßigkeit.

Übernachten im Leuchtturm

Einige wurden ausgemustert: Sie dienen als Souvenirshop oder Ausstellungsraum, in den Wärterhäusern von Quirpon Island, ganz im Norden, und Cape Anguille an der Westküste kann man sogar übernachten. Und jeder steht für ein Stück Neufundländer Geschichte – und Gegenwart. Der von Cape Spear etwa, dem östlichsten Vorposten des Kontinents im Atlantik, war der zweite, der nach Fort Amherst gebaut wurde. 1836 wurde er in der Hafeneinfahrt der Hauptstadt St. John’s errichtet, zu einer Zeit, als auch Kirchen und Gerichte entstanden, Einrichtungen der Zivilisation, die das Leben der Menschen ordnen und erleichtern sollten.

Der quadratische Bau mit seinem aufgesetzten Glasrondell und der weiß-roten Kuppe ist ein gelungenes Beispiel für klassische englische Architektur. Sogar Fenster malte man auf, die der besseren Isolierung wegen eingespart worden waren.

Heute dient er als Museum. Unten vor dem Kamin steht noch die Kaffeekanne, oben auf dem Speicher lagern Fässer, Taue und die Wollballen, mit denen das Glas entrußt wurde. 1.600 Liter Walöl benötigte man pro Jahr, um das Licht zu speisen. Und das Nebelhorn musste der Wärter bis 1878 selber blasen.

Der Leuchtturm von Hibb’s Cove auf der abgelegenen Halbinsel Port de Grave hat keine Besonderheiten aufzuweisen und nie Schlagzeilen gemacht. Doch die fünf, sechs Meter hohe rot-weiße Eisenröhre namens „Green Point“ leistet treue Dienste, seit sie 1883 erstmals ihr Licht – erst öl-, dann strom-, heute solarerzeugt – hinaus in die Nächte und Nebel von Conception Bay geschickt hat.

Ein Verbot für Kabeljaufischer

Noch nie, solange er sich erinnern könne, sagt der alte Fischer Bernhard Morgan, sei einer aus Port de Grave auf See geblieben. Es gab große Zeiten hier, als die Boote schwer im Wasser lagen von der Zentnerlast des Kabeljaus. Dann kamen die schwierigen Jahre, als der Fisch in den Netzen immer weniger wurde und die Regierung 1991 schließlich den Fang von Kabeljau ganz verbot. 40.000 Menschen wanderten aus, ganze Dörfer entvölkerten sich.

Fischer, die nicht ihre Lizenzen zurückgaben, wichen auf Hering, Lodden oder Königskrabben aus. Und einige hatten Glück. „Wir fahren heute nur einmal pro Woche hinaus“, sagt Bernhard, „und verdienen mit den Krabben mehr als früher.“

Hochbetrieb herrscht dagegen am Leuchtturm von Cape St. Mary’s, im Südwesten der Avalon-Halbinsel, und das Tag und Nacht und schon seit Jahrtausenden. Auf einem Felssporn nisten unzählige Basstölpel, Lummen und Dreizehenmöwen. Weiße Flugkünstler heben ab, landen, keifen und befehden sich. Es ist ein Gezeter wie beim Turmbau zu Babel – mit dem Unterschied, dass die Bewohner der Enge sich sehr wohl zu verstehen scheinen.

Der Leuchtturm von Cape Race wiederum, ganz im Süden, hat Geschichte geschrieben. 20 Kilometer Schotterstraße führen von Portugal Cove hinaus, vorbei an schräg geschichtetem Basalt und den Felsplatten von Mistaken Point, in denen die Abdrücke 500 Millionen Jahre alter Meerestiere aufgehoben sind.

Die Titanic sendet SOS

An Cape Race warfen einige Jahrzehnte lang die Postschiffe ihre Behälter ins Wasser, weil sie nicht anlegen konnten. Bootsbesitzer, denen es gelang, sie aufzufischen, erhielten 50 Cent pro Stück. 1904 eröffnete Guglielmo Marconi eine Funkstation, und es war der 14-jährige Funkerlehrling Jimmy Myrick, der am 14. April 1912 die Codes CQD (Come Quick Danger) und das neue SOS (Save our Souls) empfing: Die Titanic war auf einen Eisberg gelaufen.

Sein Vorgesetzter Walter Gray leitete die Nachricht an die Eigentümer des Schiffes und die Marconi Company weiter. Dringende Anfragen der Regierung beantwortete er nicht, was ihm später einen Rüffel einbrachte.

Durchs Fenster des Museums geht der Blick hinüber zum Leuchtturm, der seine 1.100.000 Kerzenstärken blitzen lässt. Wie hatte doch David, der Museumsführer von Cape Spear, seinen Besuchern am Ende gesagt: „Früher gab es hier keine Straßen, aller Verkehr erfolgte mit dem Boot. Leuchttürme haben das Leben der Menschen ein wenig sicherer gemacht – deshalb halten wir sie in Ehren“ – die stillen, unerschütterlichen Wächter am Meer.

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