Die Linke und Europa: Linksfraktion bleibt im Euro
Trotz vehementer Eurokritik: Auch Sahra Wagenknecht bekennt sich zusammen mit der Bundestagsfraktion zur gemeinsamen Währung.
Berlin taz | Die Linksfraktion im Bundestag bekennt sich zum Euro und der Europäischen Union. Per Fraktionsbeschluss bestätigte sie am Dienstagabend einen zentralen Satz aus dem Wahlprogramm 2013. Nach wie vor gelte: „Auch wenn die Europäische Währungsunion große Konstruktionsfehler enthält, tritt Die Linke nicht für ein Ende des Euro ein.“
Der Beschluss geht auf eine gemeinsame Initiative von Fraktionschef Gregor Gysi und seiner designierten Nachfolgerin Sahra Wagenknecht zurück – und das, obwohl Wagenknecht die Gemeinschaftswährung in den vergangenen Wochen wiederholt infrage gestellt hatte.
Anlass des Beschlusses ist eine Debatte, die europäische und deutsche Linke führen, seitdem die griechische Regierung im Sommer neue Sparauflagen akzeptiert hat. Sie dreht sich um die Frage, ob linke Regierungen innerhalb der EU-Strukturen überhaupt etwas verändern können oder ob sie den Vorgaben der europäischen Institutionen ausgeliefert sind.
So fordert die französische Linkspartei inzwischen, dass ihr Land aus dem Euro austritt. Auch Oskar Lafontaine drohte zuletzt gemeinsam mit dem früheren griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis, „mit diesem ‚Europa‘ zu brechen“. Und Wagenknecht sagte noch im August in einem Interview, dass „der Euro einfach nicht funktioniert“.
„Mehrheiten für eine andere Politik der EU gewinnen“
Im Beschluss vom Dienstag bestätigt die Linksfraktion die Kritik zwar. So förderten die EU-Verträge „einen zügellosen Kapitalismus“, während der Euro ohne gemeinsame Sozialstandards zwangsläufig zu Krisen führe. Allerdings habe die EU gleichzeitig einen gewaltigen Anteil am Frieden auf dem Kontinent.
Ein antieuropäischer Kurs komme deshalb nicht infrage. Das Fazit der Fraktion: „Statt für den Austritt Deutschlands aus der Gemeinschaftswährung oder der EU zu kämpfen“, müssten linke Kräfte „Mehrheiten für eine andere Politik der EU gewinnen“.
Kritik an dem Papier kam noch vor der Abstimmung aus der linkesten Ecke der Partei. „Die Fraktion sollte sich diese Resolution nicht zu eigen machen“, forderte die Strömung Antikapitalistische Linke. Zweck der EU sei es nie gewesen, Frieden zu schaffen. Sie habe von Anfang an wirtschaftliche Ziele verfolgt. Die Linkspartei müsse die Union daher grundsätzlich infrage stellen.
Leser*innenkommentare
Iannis
Schade, dass Sahra Wagenknecht gegen ihre eigene Überzeugung, sich zum Euro bekennt.
Sie weiß doch eigentlich genau, dass der Euro mit der derzeitigen Wirtschaftspolitik, insbesondere der Deutschen (Exportüberschüsse) nicht auf Dauer funktionieren kann.
Die Währung wird scheitern ob heute oder in einigen Jahren, sie wird nicht von Dauer sein, das weiß Lafontaine, das weiß Wagenknecht und das wissen insgeheim auch alle anderen Euro-Apologeten in der derzeitigen Regierung.
APOKALYPTIKER
So ist es .
Und das Argument mit der EU als Friedensbringer ist immer noch und immer mehr eine hohle Phrase : Kein europäisches Land konnte und kann die Idee und das geringste Interesse daran haben , durch Krieg gegen ein anderes Land irgendetwas gewinnen zu können .
(... für Chaos ,Elend , Anomie durch Kriege in die Welt zu bringen hat sich der "Weltpolizist" und Nato-BigBrother das Alleinstellungsmerkmal erworben .)
APOKALYPTIKER
Korrektur zu "Alleinstellungsmerkmal" :
beim Irakkrieg war auch "Pudel" GB(-Blair) mit dabei , beim ebenso desaströsen Afghanistankrieg u.a. andere Nato-Länder .
Age Krüger
Schade, aber bei der letzten Europawahl habe ich eh schon DIE PARTEI gewählt.
Wie auch bei der Israelpolitik bleibt DIE LINKE außenpolitisch suspekt.
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
@Age Krüger Vielleicht wählen Sie nächstes mal Langnese oder Schöller, die haben auch immer hübsch plakatiert.
reblek
"Trotz vehementer Eurokritik: Auch Sahra Wagenknecht bekennt sich zusammen mit der Bundestagsfraktion zur gemeinsamen Währung." - Aha, es handelt sich offensichtlich nicht um eine Überzeugung, sondern im ein "Bekenntnis", also so etwas wie Religion.
24636 (Profil gelöscht)
Gast
Auch jemand wie Stieglitz stellt den Euro in Frage oder Streeck. Diese Art des Aufwiegelns und der Denkverbote, das geht ja bis zum Denunzieren der Personen, so als wäre der Euro gleich Europa und ein Konstrukt mit dem auch Europa als politische Interessengemeinschaft fällt, halte ich für problematisch. Im nd wird das Thema immerhin (pro Europa und Euro) diskutiert, allerdings sind die Perspektiven allesamt sehr schwach gesetzt. Ein Europa der Bewegungen und Zivilgesellschaft, doch dieses Europa hat in den letzten Jahren wenig zurandegebracht und Griechenland diskursiv und auf den Straßen im Regen stehen lassen. Hier wäre dann anzusetzen, wie man denn heute noch mobilisieren will und inwieweit der Zentralismus in den Staaten die Mobilisierung und Aktion geschwächt hat. Könnte man vieles anschließen, jedenfalls kann man derzeit jeden, der Denkverbote als Mittel der Wahl unterstellt, gleich mal nach Helldeutschland schicken. Da liegt nämlich heute die Wohlfühlzone für die (denkfaulen und diskursblinden) Bequemlichkeitslinken, jetzt auch ganz neu mit Angie-Selfies am Kühlschrank.