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Berliner Polizei geht gegen Islamisten vorMoschee durchsucht

Razzia in Tempelhofer Moschee und Privatwohnungen wegen Verdachts der Rekrutierung islamistischer Kämpfer für Syrien. Kenner sagen: Das wurde Zeit.

Imam Abdel Qader D. im Gebetsraum der Al Khalil Moschee in Tempelhof. Foto: dpa

Die Aktion ist ein Warnschuss in Richtung gewaltbereite islamistische Szene: Mehrere Hunderte Polizisten haben am Dienstag sieben Wohnungen und die Ibrahim-Al-Khalil-Moschee in Tempelhof durchsucht. Es bestehe der Verdacht, dass in der Moschee Kämpfer für Anschläge in Syrien rekrutiert würden, teilte die Polizei mit. Gesucht worden sei nach Beweismaterial, Festnahmen und Verhaftungen habe es nicht gegeben. Auch gegen den Imam der Moschee wird ermittelt. Nach Angaben einer Sprecherin des Verfassungsschutzes gilt die Ibrahim-Al-Khalil-Moschee als Zentrale und Anlaufstelle für das salafistische Spektrum der Stadt.

Rund 400 Beamte waren an den Durchsuchungen beteiligt. Im Mittelpunkt stand die Ibrahim-Al-Khalil-Moschee. Sie befindet sich in der Tempelhofer Colditzstraße in einer ehemaligen Lagerhalle mit einer Grundfläche von 2.500 Quadratmetern. Gut 1.000 Leute haben dort Platz. Kenner der Szene kommentierten die Polizeiaktion am Dienstag gegenüber der taz mit den Worten: „Na endlich“. Es treffe „die Richtigen“.

Neben der Al-Nur-Moschee in Neukölln und der As-Sahaba-Moschee im Wedding ist die Ibrahim-Al-Khalil-Moschee laut Verfassungsschutz eine von drei Berliner Anlaufstellen für Islamisten. Allerdings hat die Ibrahim-Al-Khalil-Mosche erst im Dezember 2013 aufgemacht. Kennern zufolge handelt es sich um einen Ableger der Al-Nur-Moschee, der Anteil „normaler Gläubiger“ soll dort ausgesprochen gering sein. Mit ihren Islamseminaren und Freizeitangeboten versuche die Ibrahim-Al-Khalil-Moschee vor allem junge Leute anzusprechen. Sie sei ein Hotspot im Bestreben, Nachwuchs für den Dschihad zu organisieren. Auch der Polizei sei das schon lange bekannt, sie habe die Moschee observiert. Nach Angaben von Polizeisprecher Stefan Redlich ermitteln Landeskriminalamt und Generalstaatsanwaltschaft bereits seit Monaten. Es gehe um den Verdacht der Vorbereitung von und Anstiftung zu staatsgefährdenden Gewalttaten. Bei der Razzia sei nach Schulungsunterlagen und Beweisen für Rekrutierungsversuche gesucht worden. Unter anderem wurden Laptops und Computer beschlagnahmt, die Auswertung werde aber dauern.

Ermittelt wird auch gegen den 51-jährigen Imam der Moschee, Abdel Qader D. Auf Bildern der Durchsuchung wird der Marokkaner mit dem hennagefärbten Bart gerade zur erkennungsdienstlichen Behandlung abgeführt. Ihm wird vorgeworfen, Leute angestiftet zu haben, sich in Syrien am militanten Kampf dschihadistischer Gruppen gegen das Assad-Regime zu beteiligen.

Extremisten in Berlin

In Berlin leben laut Verfassungsschutz etwa 670 Menschen, die den Salafisten, also den ultrakonservativen Islamisten, zuzurechnen sind. 350 von ihnen sind gewaltorientiert.

Rund 100 Vertreter der islamischen Extremisten reisten nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren Richtung Syrien oder Irak, um dort im Bürgerkrieg mitzukämpfen oder Terrororganisationen logistisch, finanziell oder propagandistisch zu unterstützen. Den größten Zulauf hat die terroristische Organisation „Islamischer Staat“ (IS). Aber auch andere dschihadistische Gruppierungen im Kriegsgebiet werden angesteuert.

Die Zahl der Rückkehrer nach Berlin liegt bei etwa einem Drittel der Ausgereisten. (dpa)

Bekannt geworden ist Abdel Qader D., weil er unlängst wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung vor Gericht stand. Während eines hypnotischen Rituals zur angeblichen Rettung einer Ehe soll er eine Frau unsittlich berührt haben. Aufgrund widersprüchlicher Aussagen der Frau endete die Verhandlung mit Freispruch.

Ermittelt wird auch gegen einen 19-jährigen Mazedonier. Es wird vermutet, dass er sich aktuell in Syrien aufhält. Polizeisprecher Redlich zufolge liegen den Ermittlern keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschuldigten Anschläge in Deutschland geplant haben.

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