Rassismus vor Berlins Flüchtlingsheimen: „Wir schlitzen euch auf“
Neonazis bedrohen Flüchtlinge vor der Unterkunft am Glambecker Ring in Marzahn. Das war nicht der erste Vorfall rechter Gewalt.
Um kein Risiko einzugehen, machten sie sich schon um kurz vor 17 Uhr nachmittags auf den Heimweg. „Damit es nicht dunkel ist, wenn wir ankommen“, erzählt eine, die dabei war. Zwölf Flüchtlinge im Alter von 10 bis 17 Jahren und zwei Studentinnen waren am Donnerstag vergangener Woche in dem Jugendtreff „Anna L.“ in Marzahn gewesen.
Auf dem Weg zurück in die Flüchtlingsunterkunft am Glambecker Ring passierte es trotzdem – um 17 Uhr, am helllichten Tag: Knapp zehn Männer pöbelten die Gruppe an, spuckten den Kindern vor die Füße. Sie drohten den Flüchtlingen und ihren Freunden: „Wir schlitzen euch auf.“
Hitlergruß vor Unterkunft
Die Angreifer hätten sich klar als Neonazis zu erkennen gegeben, sagte der Heimleiter Jochen Heine. „Sie trugen Glatzen, rechte Tätowierungen und Kleidung von Thor Steinar.“ Die Flüchtlinge retteten sich ins Heim. Körperlich blieben sie unversehrt. Heine entschied sich, die Polizei nicht anzurufen, da „sich die Nazis rasch weiterbewegt haben“.
Die Unterkunft von rund 250 Flüchtlingen geriet in letzter Zeit immer wieder ins Visier der Rechten. Vor zwei Wochen erst hatten Unbekannte eine Bengalofackel aufs Heimgelände geworfen. Verletzt wurde damals niemand, da zwei Polizisten die Fackel austraten. Die Täter konnten unerkannt fliehen. Der Staatsschutz ermittelt wegen schwerer Brandstiftung. „Ergebnisse liegen noch keine vor“, teilte ein Polizeisprecher am Dienstag mit.
Nur wenig später, in der Nacht vom 12. auf den 13. September, trieben vier Rechtsradikale vor der nur einen Kilometer entfernten Containersiedlung am Blumberger Damm ihr Unwesen. Einer von ihnen skandierte fremdenfeindliche Sprüche und zeigte den Hitlergruß, die Polizei nahm ihn fest. Seine Begleiter erhielten Platzverweise. Zwei Stunden später tauchten sie am Glambecker Ring auf, warfen eine Glasflasche in Richtung Heim. Auch die drei wurden festgenommen.
Rechte Szene gut organisiert
Auch am Mittwoch vergangener Woche hatten gegen 17 Uhr vier Unbekannte die Bewohner angepöbelt. Durch ein Fenster sollen sie ihnen Sprüche wie „Ich gehe hier auf meinem deutschen Rasen“ zugerufen haben, so die Polizei.
Die Marzahner Unterkünfte wurden erst vor wenigen Wochen eröffnet. „Dass Rechtsextreme vor neuen Unterkünften eine Drohkulisse aufziehen, ist ein bekanntes Phänomen“, sagte Michael Trube von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. In Marzahn sie die rechte Szene zudem vergleichsweise gut organisiert.
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