Sommer Daniel Tchetchik hat fotografiert, worüber man in seiner Heimat Israel auch redet: Die Hitze. Eine Reportage abseits des Krieges: Verbrannt
Die Drüsen arbeiten, sie sitzen in der Lederhaut, pumpen Flüssigkeit eine Hautschicht höher, rein in die Oberhaut, dann öffnen sich die Poren, und raus kommt Schweiß. Perlt, hält, klebt und rinnt, trieft und treibt und tropft. August, du Schweißmonat. Kaum sind wir deine Hitze los, ins Wasser gesprungen, wo wir eine Schicht hinterlassen haben, schmierig wie Öl, macht die Schwüle unsere Körper wieder nass.
Worüber man in Israel noch redet, außer über Palästina, die Hamas, über Checkpoints und Religion? Über eines, was hier wirklich alle Leute eint, die im Westjordanland, die in Gaza, die in der Wüste und die am Toten Meer: Die elende, elende Hitze. Menschen fliehen ins Meer, sie halten Bettlaken unter Duschbrausen, hängen getränkte Laken in ihren Wohnungen auf und legen sich darunter. Sie lassen die Jalousien runter und verschlafen die Zeit.
Daniel Tchetchik hielt seine eigenen Fotos nicht mehr aus, den ewiggleichen Blick auf sein Land: Sprüche auf der Mauer. Israelis, die den Raketenalarm am Strand von Tel Aviv ertragen. Tchetchik hat sich deshalb ins Auto gesetzt und ist losgefahren, mit einer Analogkamera hat er Momente aufgenommen, die müde machen: Wenn die Luft drückt, das Atmen erschwert. Wie Smog in die Stadt kriecht, Staub in die Augen drängt. Man sieht vertrocknete Erde und vertrocknete Beine, leere Fußballfelder – und Gesichter, geblendet von der Sonne, geprägt von der Realität.
Einmal, sagt Tchetchik, hat er seine Filmrollen auf dem Rücksitz vergessen. Die Sonne brannte Muster in die Negative. Manche sahen aus wie Schneeflocken. Annabelle Seubert
Die Fotos stammen aus dem Buch: Daniel Tchetchik, „Sunburn“. Kehrer, Heidelberg 2015, 120 Seiten, 39,90 Euro
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