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TariferhöhungHVV um jeden Preis

Der Hamburger Verkehrsverbund beantragt die nächste Tariferhöhung um fast zwei Prozent. In nur vier Jahren steigen die Fahrpreise damit um über elf Prozent

Vielschlucker: Die Ticketautomaten des HVV sind unersättlich und verlangen bald noch mehr Foto: dpa

HAMBURG taz | Fahrten mit Bus und Bahn in Hamburg werden schon wieder teurer. Eine Erhöhung der Tarife um durchschnittlich 1,9 Prozent zum kommenden Jahr hat am Dienstag der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) beim Senat beantragt. „Die Kapazitäten von Bussen und Bahnen werden kontinuierlich ausgeweitet, gleichzeitig steigen die Personalkosten“, begründet HVV-Geschäftsführer Lutz Aigner die geplante Preiserhöhung.

Diese falle, so Aigner, „sehr moderat“ aus und stelle sicher, dass der HVV „leistungsfähig und attraktiv“ bleibe. Die Erhöhung ergebe sich aus dem HVV-Tarifindex, der die Erhöhungen bei Verbraucherpreisen, Lohnkosten und Energiepreisen berechnet.

Nach dem Antrag soll zwar das Kurzstreckenticket mit 1,50 Euro stabil bleiben, alle anderen Einzelkarten verteuern sich um bis zu 30 Cent, die Tageskarte um 20 Cent (siehe Kasten). Demgegenüber fällt die Erhöhung bei den Abokarten gemäßigter aus: Die Monatskarte für den Großbereich verteuert sich lediglich von 84 auf 85 Euro. Damit werden Pendler begünstigt, Gelegenheitsfahrer und vor allem Touristen hingegen zur Kasse gebeten.

Seit 2012 hat der HVV seine Tarife um insgesamt 11,5 Prozent erhöht und liegt damit deutlich über der allgemeinen Teuerungsrate. Das kritisiert Die Linke in der Bürgerschaft: „Es ist nicht Aufgabe des HVV und des Senats, den Fahrgästen jedes Jahr mehr Geld aus den Taschen zu ziehen“, findet ihre Verkehrsexpertin Heike Sudmann. Busse und Bahnen seien nicht „gewinnorientierte Unternehmen, sondern öffentliche Daseinsvorsorge“.

Die HVV-Tarife

alt –›und neu:

Kurzstrecke: 1,50 –› 1,50

Nahbereich: 2,10 –›2,20

Großbereich: 3,10 –›3,20

Gesamtbereich: 8,40 –›8,70

Kind Großbereich: 1,10 –›1,20

9-Uhr-Tageskarte: 6,- –›6,20

Gruppenkarte Großbereich: 11,20 –›11,60

9-Uhr-Tageskarte Kind: 2,10 –›2,30

Abo 2 Zonen 52,60 –›53,30

Abo Großbereich: 84,- –›85,-

Abo Gesamtbereich: 168,- –›170,-

CC/Senioren Großbereich: 48,50 –›49,40

ProfiCard: 65,70 –›66,50

Das sehen die rot-grünen Koalitionäre anders. Der Grüne Martin Bill räumt ein, dass Tariferhöhungen „keine Jubelschreie auslösen“ würden. Die Grünen würden zumindest darauf drängen, dass das Sozialticket nicht teurer werde.

„Moderat“ findet auch SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen die Tarifanhebung: „Die Gehälter und Kosten steigen, das muss ja bezahlt werden.“ Höhere Zuschüsse aus der Stadtkasse seien nicht möglich. 2014 subventionierte Hamburg den Verbund nach Angaben der Verkehrsbehörde mit 164 Millionen Euro.

Der HVV, der im kommenden November 50 Jahre alt wird, ist mit 735 Millionen Fahrgästen im Jahr 2014 Deutschlands zweitgrößter Verkehrsverbund. Ihm gehören die Hochbahn, die Deutsche Bahn und deren Tochter S-Bahn Hamburg, sowie die AKN Eisenbahn AG, der Metronom, die Hafen-Fähren der Hadag und dazu noch etwa ein Dutzend kleinerer Verkehrsunternehmen an.

Mit dem Antrag auf Erhöhung der Tarife müssen sich der Senat und die Bürgerschaft beschäftigen. Voraussichtlich wird die Preisanhebung Anfang Dezember genehmigt werden und zu Neujahr in Kraft treten.

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4 Kommentare

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  • "Busse und Bahnen seien nicht „gewinnorientierte Unternehmen, sondern öffentliche Daseinsvorsorge“."

     

    Da hat die Frau Sudmann völlig recht. Deshalb wirft die Hochbahn (nicht der HVV) auch keinen Gewinn ab, sondern erhält jährlich einen dreistelligen Millionenbeitrag, damit mehr Menschen mit dem ÖPNV fahren, was im Gegenzug (weniger Straßenverschleiß durch Pkw, weniger Emissionen für Anwohner etc.) allen zugutekommt. Und diese Subventionen beziehen sich lediglich auf den laufenden Betrieb, um das Personal vernünftig zu bezahlen. Milliardenschwere Infrastrukturen, ob für Schienenprojekte oder eine Flottenmodernisierung, kommen aus weiteren Haushaltstöpfen.

  • Was Frau Koeppen ( SPD) daran moderat findet, dass die Preise innerhalb von 4 Jahren um über 11 % steigen, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Nun gut, sie hat sich ja in der Vergangenheit auch nicht mit innovativen Ideen hervorgetan, was den Nichtautoverkehr in HH betrifft. Nun kommen zu einem schlechten ÖPNV in HH noch hohe Kosten. Ein Modal Split von 19 % für den ÖPNV, welches der niedrigste aller deutschen Großstädte ist, sprechen eine deutliche Sprache. Da rächen sich die Inaktivität der HH Senate von SPD + CDU, was den Schienenausbau betrifft, insbesondere bei fehlenden Querverbindungen. Nun stimmen ja auch die Grünen einem eventuellem und teuren U-Bahn Bau am Sankt Nimmerleinstag zu, seit sie in der Koalition sind, anstatt auf eine Stadtbahn zu bestehen, die schnell und für 20 % der Kosten gebaut werden kann und für die Bedarfe völlig ausreichend ist.

    • @Lütt Matten:

      Sicherlich nicht ausreichend. ;-) In eine Stadtbahn passen nicht viel mehr Fahrgäste als in einen XXL-Bus. Eine U-Bahn ist aufgrund der Geschwindigkeit auch viel attraktiver, um Menschen vom MIV zum ÖPNV zu bewegen, da die Fahrzeit eher ein Kriterium ist als die Frage, ob Bus/Straßenbahn mit Diesel oder Ökostrom fährt. Es nützt beim Vergleich von Verkehrssystemen wenig, wenn man sich nur willkürlich Zahlen herauspickt. Aus einem "Die Stadtbahn ist günstiger als die U-Bahn und leistungsfähiger als der Bus" könnte an auch ein "Ist teurer als Bus und leistungsschwächer als U-Bahn" machen. Nützt bloß für verkehrliche Belange beides nicht. Und die zeigen eben, dass es keinen großen Bedarf nach Querverbindungen gibt aufgrund der Siedlungsstruktur Hamburgs. Würde man jetzt ein Stadtbahnnetz aufbauen und davon ausgehen, dass niemand klagt (sehr unwahrscheinlich), wird man sich nach dessen Fertigstellung auch wieder fragen müssen, wo man neue U- und S-Bahnen baut. Gerade für die Strecken M4, M5 und M6 sind U- und S-Bahn unausweichlich, wenn Hamburg weiterhin wächst.

       

      Jetzt kann man gerne einwenden: "Ja, aber die Stadtbahn könnte schrittweise in Betrieb gehen und nicht erst dann, wenn nach Jahrzehnten alles fertig ist". Das ist auch richtig. Gilt bloß für U- und S-Bahn genau so. Die Stadtbahnphantasien sollte man einfach beerdigen und stattdessen Druck auf die Politik ausüben, damit sie die SPNV-Vorhaben auch zügig ausbaut.

       

      (Weitere Systemvorteile wie Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit, Betriebskosten, Unfallvermeidung etc. hab ich mir mal gespart. Sie fallen eh alle pro U- und S-Bahn aus.)

      • @Verkehrsfritze:

        Da sind doch einige Fehler in den wenigen Zeilen. Auf einige gehe ich ein, ansonsten empfehle ich http://www.pro-stadtbahn-hamburg.de. Dort sind viele weitere Fakten in professioneller Weise aufbereitet.

         

        1)Dass wir in HH kein Mangel an Querverbindungen haben, ist ja wohl der größte Witz, den ich je gehörte habe (Ring 2+3). Diese Behauptung wird durch einen einfachen Blick auf den U/S/A/R-Plan auf der HVV Webseite widerlegt.

         

        2) Das eine Stadtbahn in Doppeltraktion nicht viel mehr Platz als der Schaukel-XXL- Bus haben soll, ist ja auch etwas ganz Neues

         

        3) Das Betriebskosten bei der U Bahn günstiger sein sollen, kann sich jeder Laie verneinen, wenn er allein z.B. an Beleuchtung, Rolltreppenbetrieb und Reinigung denkt.

         

        4) Wäre auch interessant zu wissen, wie die aufgeführte U-Bahn " Orgie" finanziert werden soll. Wenn man von der U4 ausgeht, nämlich für 4 km = gut 500 Mio bleibt viel Zeit das Geld einzusammeln...

         

        Kurzum, wird die U Bahn Strategie verfolgt, werden die Fahrgäste auf M 5 wohl noch lange wie " Vieh" in den XXL Bussen durchgeschaukelt werden.