Neuer UN-Bericht: Der Irak bleibt ein Schlachthaus
Die Zahl der toten, verletzten und vertriebenen Zivilisten im Lande nimmt erschreckende Ausmaße an. Dies geht aus einem UN-Bericht hervor.
Dies geht aus einem Bericht hervor, der am Dienstag gemeinsam von der UN-Organisation für den Irak (Unami) und dem Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen (UNHCHR) vorgelegt worden ist. Die höchste Zahl der Opfer gab es demnach im Bezirk der Hauptstadt Bagdad, wo 1586 Menschen ums Leben kamen und 4138 verletzt wurden, gefolgt von ähnlichen Zahlen in den Provinzen Anbar und Diyala.
Eine unmittelbare Folge der anhaltenden Kämpfe im Irak sind die massiven Vetreibungen und Fluchtbewegungen der Zivilbevölkerung. Im untersuchten Zeitraum von Januar 2014 bis Ende April 2015 mussten im Irak 2.834.676 Personen ihren Heimatort verlassen. Rund 1,3 Millionen von ihnen waren Kinder. Etwa 38 Prozent der intern Vertriebenen fanden Zuflucht in den kurdischen Gebieten im Norden des Irak, insbesondere in der Provinz Dohuk.
Jezidische Frauen und Mädchen in der Gewalt des IS
Während viele Flüchtige privat untergebracht werden konnten, musste ein knappes Drittel mit behelfsmäßigen Unterkünften in halbfertigen Gebäuden oder Schulen zurecht kommen. Nur etwa sieben Prozent der Menschen fanden Zuflucht in regulären Flüchtlingslagern.
In den irakischen Gebieten, die der Kontrolle des Islamischen Staates unterstehen, sind die Menschenrechte in besonderer Weise gefährdet. Laut Berichten von Augenzuegen und Betroffen sind umfassende, systematische und verbreitete Misshandlungen von Minderheiten, Andersgläubigen und mutmaßlichen Gegnern an der Tagesordnung. Personen, die im Verdacht stehen, für die irakischen Sicherheitskräften zu arbeiten, würden gezielt und ohne jede Rücksicht umgebracht.
Christen, Schiiten oder Jeziden würden systematisch verfolgt und misshandelt. Frauen und Mädchen dieser Gruppen stünden ganz besonders im Fadenkreuz der Dschihadisten. Derzeit befänden sich noch etwa 3500 Personen, vor allem jezidische Frauen und Mädchen, in der Gewalt des IS. Täglich seien sie sexueller oder physischer Gewalt ausgesetzt.
Auch irakische Sicherheitskräfte machen sich schuldig
Nach Berichten geflohener Personen leiden diese Menschen auch unter dem Entzug von Nahrung und Wasser. Oft werden sie weiter verkauft oder auch brutal ermordet. Bei all diesen Taten könnte es sich laut UN-Untersuchung um Kriegsverbrechen, Vebrechen gegen die Menschlichkeit oder gar um Völkermord handeln.
Aber nicht nur der Islamische Staat, sondern auch die irakischen Sicherheitskräfte begehen nach UN-Angaben ernsthafte und schwere Verstöße gegen die Menschenrechte. Diese umfassten insbesondere Luftangriffe auf Zivilisten während eines militärischen Vormarsches, die Bombardierung von Wohnvierteln, aber auch die Tötung gefangener Gegner, die gezielte Entführung von Personen und den Diebstahl von Eigentum.
In sehr vielen der angegebenen und untersuchten Fällen sei es aber schwer möglich oder gar unmöglich, die Täter konkret auszumachen und ihre polizeiliche oder gerichtliche Verfolgung zu garantieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos