Kommentar: Kampf gegen Armut halb verloren
Die Halbzeitbilanz der UN-Milleniumsziele fällt mager aus. Dabei ist der Kampf gegen die globale Armut auch im Interesse der Industriestaaten.
A uf dem Millenniumsgipfel im Jahre 2000 haben die 192 UNO-Mitgliedstaaten das mit Abstand wichtigste Vorhaben seit Ende des Kalten Krieges beschlossen: die Halbierung der weltweiten Armut bis zum Jahr 2015. Sieben Jahre danach kann eine Zwischenbilanz nur lauten - dieses Vorhaben wird ohne eine erhebliche Verstärkung der Anstrengungen aller Beteiligten bei weitem verfehlt.
Andreas Zumach (52) ist Uno-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf.
Darüber können auch die wenigen lokalen oder regionalen Fortschritte nicht hinwegtäuschen, die UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in seiner Halbzeitbilanz aufgeführt hat. Dabei sind die Millenniumsziele keineswegs revolutionär, sondern eher bescheiden - gemessen an den tatsächlichen sozio-ökonomischen Krisen dieser Welt, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent, und den dadurch verschärften ökologischen Problemen. Die größte Verantwortung für das Erreichen dieser Ziele liegt bei den reichen Industriestaaten des Nordens.
Ban Ki Moons Vorgänger Kofi Annan hatte bereits in seinem Reformbericht an die UNO-Generalversammlung vom März 2005 präzise aufgeschrieben, was die Industriestaaten tun müssen: den Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe bis 2015 auf mindestens 0,7 Prozent erhöhen und dafür verbindliche Zwischenschritte festlegen und umsetzen; die Subventionierung ihrer Agrarexporte beenden, die insbesondere für afrikanische Kleinbauern verheerende Folgen hat; den 48 ärmsten UNO-Staaten einen verbesserten Marktzugang gewähren; die Mittel für die Prävention und Bekämpfung von Aids erheblich aufstocken.
Keine dieser Forderungen wurde bislang erfüllt. Der jüngste G-8-Gipfel mit seinen unverbindlichen Beschlüssen war eine große Enttäuschung für Ban Ki Moon, auch wenn er dies gestern hinter Höflichkeitsfloskeln zu verbergen suchte. Er ist ein Kaiser ohne Kleider. Er kann auch in den verbleibenden acht Jahren bis 2015 kaum mehr tun, als die reichen Mitgliedstaaten der UNO immer wieder daran zu erinnern, dass die Bekämpfung der weltweiten Armut in ihrem wohlverstandenen Eigeninteresse liegt.
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