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KommentarWer den Staat reich macht

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Der Haushaltsüberschuss kam zustande, weil an allen Ecken und Enden gespart, gestrichen oder Steuern angehoben wurden. Nur Unternehmen zahlen immer weniger.

Z um ersten Mal seit der Wiedervereinigung ist der deutsche Staatshaushalt ausgeglichen. In der ersten Jahreshälfte haben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen sogar einen Überschuss von 1,2 Milliarden Euro verzeichnet. Das klingt wie eine gute Sache. Denn es ist ja richtig, dass der Staat das Geld, das er sich in wirtschaftlich schlechten Zeiten leiht, in Perioden des Aufschwungs zurückzahlt. Dauerhafte Verschuldung des Staates bedeutet immer auch eine Umverteilung hin zu jenen Kapitalbesitzern, die dem Staat das Geld leihen.

taz

Malte Kreutzfeldt (35) ist Leiter des taz-Ressorts Ökologie & Wirtschaft.

Problematisch ist hingegen, wie der staatliche Überschuss zustande gekommen ist: Die Zeche haben vor allem Verbraucher, Normal- und Niedrigverdiener sowie die Bezieher von Sozialleistungen bezahlt. Bei den gestiegenen Einnahmen macht die erhöhte Mehrwertsteuer mit Abstand den größten Posten aus: Über zwölf Milliarden Euro mehr zahlten die VerbraucherInnen in der ersten Jahreshälfte.

Auch die Einkommensteuer hat mehr Einnahmen gebracht, was zum Teil an der besseren Konjunktur liegt, zum Teil aber auch an Kürzungen bei Pendlerpauschalen und Freibeträgen für Kleinsparer. Ebenfalls großen Anteil an den gefüllten Kassen haben Einsparungen bei Sozialleistungen, was auf niedrigere Leistungen für Arbeitslose und RentnerInnen zurückzuführen ist. Unternehmen tragen hingegen nur zu einem geringen Teil zu den zusätzlichen Einnahmen bei. Ihr Anteil wird im nächsten Jahr sogar weiter sinken, wenn die von Union und SPD bereits beschlossene Senkung der Unternehmensteuern greift und den Konzernen dauerhafte Milliardenentlastungen bringt.

Noch etwas trübt das positive Bild des Staatsüberschusses: die im europäischen Vergleich extrem niedrige Staatsquote, die Deutschland mittlerweile erreicht hat. Weil ein immer geringerer Anteil der Wirtschaftsleistung durch öffentliche Kassen fließt, hinkt Deutschland auch bei den Ausgaben für Bildung und Infrastruktur hinterher. Ohne die Steuersenkungen für Spitzenverdiener und Unternehmen könnte Deutschland mehr in die Zukunft investieren - bei ebenfalls ausgeglichenem Haushalt.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

1 Kommentar

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  • R
    Ricky

    Verdammt, das ist eine solche Frechheit. Warum wird das nicht endlich skandalsiert, sondern seit Jahren lediglich müde wirkend kommentiert?

    Man muss immer wieder wiederholen, daß die ach so belasteten, materiell gesehen, oberen 10% der Bevölkerung

    fast 50 Prozent der Vermögen

    und somit auch einen großen Teil der Unternehmensanteile besitzen.

    Dieser Bevölkerungsteil hat Lohn- und Einkommenszuwächse von 10% verzeichnet in den letzten Jahren, während die Reallöhne der unteren und mittleren Einlommensschichten stagnierten oder sanken.

    Es ist eine große Lüge, daß Unternehmen und Gutverdiener zu stark belastet sind. Sie sind reich und werden als einzige reicher.

    Die Gelder dort werden nicht adäquat zur Finzierung des Gemeinwesens herangezogen.

     

    MfG