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BundestrojanerDas Software-Wunder

Offiziell ist die Entwicklung der neuen BKA-Spähsoftware seit April ausgesetzt. Doch nun soll der Bundestrojaner plötzlich fast fertiggestellt sein.

Einfach weitergearbeitet? Nun steht das BKA selbst im Verdacht Bild: dpa

Offiziell besteht für die Entwicklung der neuen Spähsoftware des Bundeskriminalamts (BKA) seit April ein Entwicklungstopp. Dennoch soll das Hacker-Werkzeug, das RFS (Remote Forensic Software) genannt wird, bereits fast fertiggestellt sein. So klingt es jedenfalls in einem aktuellen Schreiben des Bundesinnenministeriums: "Die Entwicklung einer einsetzbaren Version der RFS könnte bei Aufhebung des gegenwärtig verfügten Entwicklungsstopps unverzüglich abgeschlossen sein."

Das verwundert doch sehr. War das BKA etwa schon im Frühjahr, als die Arbeiten angeblich eingestellt wurden, mit der Entwicklung der staatlichen Hacker-Software so weit fortgeschritten? Oder hat das Bundeskriminalamt die politischen Vorgaben missachtet und heimlich weiterkonstruiert?

KLARE WORTE

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte nach Medienberichten, er sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht überzeugt, dass die Befugnisse zur Onlinedurchsuchung gebraucht würden. Die Unverletzlichkeit der Wohnung würde mit dem Verfahren angegriffen. Wer einen elektronischen Brief vom Jugendamt oder Finanzamt bekomme, müsse sicher sein können, dass das Schreiben auch von diesen Ämtern stammt und nicht etwa vom BKA.

Im Herbst wurden dem BKA jedenfalls im Rahmen des "Programms zur Stärkung der Inneren Sicherheit" vom Bundestag zwei Personalstellen, 225.000 Euro Sachkosten und 200.000 Euro einmaliger Investitionsaufwand für neue Hardware genehmigt. Damit sollte eine Software entwickelt werden, mit der man "entfernte PCs" durchsuchen kann, ohne sie zu beschlagnahmen. Als die staunenden Abgeordneten fragten, ob es dafür eine Rechtsgrundlage gebe, verwies Innenminister Schäuble (CDU) auf die Vorschriften zur Hausdurchsuchung.

Wenige Tage später stoppte ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) solche Onlinedurchsuchungen - weil es keine Rechtsgrundlage gebe. Das heimliche Eindringen in einen Computer via Internet sei eben keine Hausdurchsuchung. Im Februar bestätigte ein Senat des BGH diese Auffassung.

Im April wollte deshalb der Haushaltsausschuss des Bundestags wissen, ob im BKA immer noch an der neuen Spähsoftware gearbeitet wird. Innenminister Schäuble sah darin zunächst kein Problem, da es ja den Willen gebe, bald eine Rechtsgrundlage für die Onlinedurchsuchung zu schaffen. Doch am 25. April sagte BMI-Staatssekretär Johann Hahlen zu, dass die Arbeiten eingestellt werden, "bis es eine Rechtsgrundlage gibt". Vor der Sommerpause versuchte Schäuble das Moratorium zwar noch einmal rückgängig zu machen, aber die SPD-Mitglieder im Haushaltsausschuss blieben hart. "Für uns gilt: Das Geld folgt der Aufgabe", so Eva Hagedorn, die zuständige SPD-Abgeordnete. BKA-Chef Jörg Ziercke war mächtig sauer. Und auch in dieser Woche versicherte das BKA, dass man sich an den Entwicklungsstopp halte.

Warum also ist die Hacker-Software trotz Stillstand schon fast fertig? Denkbar ist, dass das BKA schon im Vorjahr einen einsatzfähigen Prototyp entwickelt hatte, der mit den zusätzlichen Steuergeldern nur noch verbessert werden soll. Immerhin wurde 2006 zweimal der Einsatz einer Onlinedurchsuchung durch das BKA beantragt. Dagegen spricht aber Schäubles Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion vom 10. April, wonach das BKA erst die "technische Umsetzbarkeit einer Onlinedurchsuchung im Rahmen eines Entwicklungsprojektes prüfe".

Möglich ist aber auch, dass die BKA-Programmierer in den letzten Monaten an der Software weitergearbeitet haben und nur die Aufgabenstellung neu definiert wurde. Sie könnten nun zum Beispiel eine ganz ähnliche Software entwickeln, mit der Internettelefongespräche (via Skype und Ähnliches) überwacht werden, was für das BKA besonders wichtig ist. Auch dazu müssten die Ermittler in den Computer eines Verdächtigen eindringen. Das Innenministerium sieht darin jedenfalls keine Onlinedurchsuchung, sondern eine Telefonüberwachung - und die ist bekanntlich heute schon zulässig.

Das BKA sagte dazu gestern nur vieldeutig: "Natürlich forschen wir ständig an neuen kriminaltaktischen Methoden."

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