Tomi Ungerer Museum eröffnet: Blume Klitoris
Erotik, politische Karikaturen und Kinderbuchillustrationen: Straßburg ehrt den Zeichner Tomi Ungerer seit dem Wochenende mit einem Museum.
Von Tomi Ungerer kennt fast jedeR etwas. Alte und Junge haben seine "Drei Räuber" im Kinderbücherschrank - spitz zulaufende Hüte vor satten Vollmonden und Leitern - oder Geschichten von Riesen, Zauberlehrlingen und anderen Biestern. Um den Globus gegangen sind auch Ungerers Zeichnungen über amerikanische Bomben auf gelbe vietnamesische Babys und über White and Black Power in den USA. Bloß seine erotischen Werke sind ein wenig vertraulicher geblieben: gefesselte Frauenkörper, klitorisförmige Fantasieblumen und komplizierte Sexmaschinen.
Jetzt hat der ganze Ungerer - von dem Kinderbuchillustratoren über den Werbezeichner bis zu dem Erotikkünstler - ein eigenes Haus in Straßburg bekommen. Mit einer knallrosafarbenen Schere in Form von Frauenbeinen hat der 76-Jährige das Band am Eingang zum "Tomi Ungerer Museum - Internationales Zentrum für Illustration" durchschnitten. Seit er seiner Geburtsstadt seine ersten Originalzeichnungen geschenkt hat, sind mehr als 30 Jahre vergangen. Das ist eine lange Zeit, in der die Zeichnungen immer wieder in Themenausstellungen zu sehen waren, in Frankreich, aber vor allem im Ausland. Denn Ungerer, der vor mehr als einem halben Jahrhundert nach New York gegangen ist, von dort aus nach Kanada und später nach Irland, wo er bis heute lebt, ist im Ausland bekannter als in Frankreich.
Am Ende hat Thérèse Willer, auf Ungerer spezialisierte Kunsthistorikerin und Chefin des neuen Museums, es dennoch geschafft, die Ratsleute von Straßburg für ein eigenes Ungerer-Museum zu gewinnen. Die Stadt hat es im Jahr 2004 beschlossen. An diesem Wochenende wurde es eröffnet.
Straßburg hat für Ungerer die Villa Greiner umgebaut. Die dreistöckige Villa liegt direkt am Fluss Ill und mitten im "quartier allemand" von Straßburg, wo klotzige Villen und Bürgerhäuser aus dem späten 19. Jahrhundert das Bild bestimmen. Es ist das zehnte öffentliche Museum der elsässischen Stadt. Eine in mehrere Serpentinen gelegte Rampe durchquert den kleinen Vorgarten zur Villa. Das Innere ist gleißend weiß gestrichen. Die Route durch Ungerers verspielte Welt beginnt mit Kinderbüchern, Spielzeug und Zeichentrickfilmen, führt in die Obergeschosse zu Werbung und Politik und endet in Kellerräumen, die zum Schutz der lichtempfindlichen Erotik-und Todeszeichnungen ziemlich dunkel sind. Am Eingang zum Keller warnt ein roter Kreis mit weißem Balken die BesucherInnen, dass manche Werke "schockierend" sein können.
Ab 2009 will Museumschefin Thérèse Willer gelegentlich auch andere Illustratoren in der Villa Greiner zeigen. Zunächst von drei Männern, die Ungerers Vorbilder waren: den beiden US-Amerikanern Ronald Searle und Saul Steinberg und dem Franzosen André François, von denen jetzt schon ein paar wenige Bilder im Museum hängen. Im Kern jedoch wird das "internationale Illustrationszentrum" eine Hommage an Tomi Ungerer bleiben. Im Lager warten 8.000 Ungerer-Originale. Abwechselnd sollen sie alle an die Wände kommen.
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