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die wahrheitNeues aus Neuseeland - Zersetzte Familien und blasende Nonnen

Wer Bob McCroskie zum Feind hat, ist mein Freund. Denn Bob McCroskie ist die Antwort christlicher Moralfaschisten auf das säkularste Land der Welt...

Wer Bob McCroskie zum Feind hat, ist mein Freund. Denn Bob McCroskie ist die Antwort christlicher Moralfaschisten auf das säkularste Land der Welt. Früher hieß das "erzreaktionär", jetzt nennt es sich "family values". Was "Familienwerte" genau sind, habe ich auch als zweifache Mutter nicht kapiert, aber offenbar sind sie nichts Gutes, wenn man schwul, promiskuitiv, atheistisch oder anregenden Substanzen gegenüber nicht abgeneigt ist.

Ob Kondome für Teenager, Hiphop-Lyrik oder Luftballons voll Lachgas: schadet alles der Familie. Da muss man sich doch fragen, ob die Familie nicht dem Leben schadet, und was eigentlich zuerst kommt, aber damit wäre man bei der Henne und dem Ei. Und Eier fallen unter die familienfeindlichen Wörter, denn sie könnten bei Kindern Kichern auslösen. Also Vorsicht!

Mit Familienwerten lässt sich prima rechte Politik unters Kiwi-Volk bringen, ohne dass es auffällt - wer hat schon was gegen Vater-Mutter-Kind? Bob McCroskies Lobby heißt daher "Family First", obwohl "Demokratie zuletzt" passender wäre. "Family First" räumt im amoralischen Neuseeland auf.

Ihren ersten Großeinsatz hatte McCroskies bibelfeste Truppe, als die Grünen das Prügeln von Kindern verbieten lassen wollten. Nichts da, empörte sich McCroskie, wo kommen wir denn hin, wenn wir unsere Brut nicht mehr züchtigen können, wie es der Herrgott befiehlt? Dann würde Neuseeland ein Sündenpfuhl der Verderbnis werden wie Schweden, wo Ohrfeigen seit 50 Jahren verboten sind und seitdem Pornos gedreht werden!

"Family First" rief zum Protestmarsch auf. Tausende folgten. Das Gesetz wurde dennoch geändert. Seitdem gibt McCroskie keine Ruhe. Nachdem Neuseeland den traurigen Rekord aufstellte, weltweit an dritter Stelle der Länder zu stehen, in denen Kinder am häufigsten zu Tode misshandelt werden, kam der nächste Statistik-Schock: Viele junge Maori-Mädchen sind Opfer sexueller Übergriffe. Wieso, warum, und was dagegen tun - darüber machen sich Experten Gedanken, und einer ganz besonders: "Das liegt an der Freizügigkeit der Frauen seit den Siebzigerjahren", so McCroskies Kenntnis der sozialen Lage.

Letzte Woche rief der Familienschützer zum Boykott einer neuen Fernsehserie auf: "Californication", mit "Akte X"-Star David Duchovny, hat den Weg aus den USA ins prüde Abendprogramm von Kiwi-Country geschafft. In der ersten Folge lässt sich Duchovny von einer Nonne einen blasen, dass die Englein singen. Ist zwar alles nur ein Traum, und im Vergleich zur erotischen Freak-Show "Nip/Tuck" eher zahm, aber um "Blasphemie!" und "familienzersetzend" zu schreien, reicht es allemal.

Der Skandal trug sich übrigens um zehn Uhr abends zu, wenn Kinder längst in der Heia zu liegen haben und Eltern sich am Rotwein laben. Während die Einschaltquote stieg, zogen verschreckte Werbekunden ihre TV-Spots zurück. So kommt es, dass man ab sofort in den Werbepausen keinen dumm dahersabbelnden Hilfsdarsteller mehr sieht, der sich Brocken einer als "Pineapple Lumps" bezeichneten widerwärtigen Süßigkeit in den Rachen schiebt. Das schützt Familien vor Karies und Fehlkäufen. Vielleicht ist Bob McCroskie doch mein Freund.

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