CDU debattiert über Moscheebau: Moschee weckt rechte Pöbler
Auf einer Bürgerversammlung der Charlottenburger CDU stellt der Verein Inssan seine Moscheepläne vor - und muss sich rechte Beleidigungen anhören. Wie die CDU zu den Plänen steht, bleibt auch nach zwei Stunden Debatte unklar.
Auf dem Rednertisch liegt ein Megafon. Für alle Fälle. Mit einigem Unbehagen beginnt die Charlottenburger CDU an diesem Mittwochabend ihre Informationsveranstaltung im Rathaus. Thema: der geplanten Bau einer Moschee. Zunächst wollte die Partei nur ihre Mitglieder einladen; man hatte Angst vor rechten Moscheegegnern, die die Veranstaltung stören könnten. Schließlich entschied sich die CDU doch für eine für alle offene Diskussion. "Keine Beschimpfungen, keine Beleidigungen", fordert Versammlungsleiter Uwe Goetze, Ortsvorsitzender der CDU Charlottenburg-Nord, die 60 Besucher auf. Die Warnung hat aber nur bedingten Erfolg.
Der Verein Inssan will 2009 in der Keplerstraße ein islamisches Begegnungszentrum bauen, das mehrere Gebäude umfassen soll: Eine Moschee, eine Schule, eine Bibliothek, ein Frauenzentrum, einen Jugendclub und eine Kindertagesstätte. Ein ähnliches Bauvorhaben in Neukölln war vom Bezirk abgelehnt worden. Begründung: Das Projekt sei zu groß für ein Wohngebiet. Auch ob die Moschee in Charlottenburg gebaut werden kann, ist noch völlig offen, sagt Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Zurzeit läuft ein Bauvorbescheidsverfahren. An diesem Abend stellen nun die Inssan-Vorstandsmitglieder Imran Sagir und Lydia Nofal ihr Projekt vor. Ausführlich, eine Dreiviertelstunde lang. Dann kommt die Fragerunde: Welches Islamverständnis hat Inssan? Wie soll die Moschee finanziert werden? Kann sich Inssan dem Einfluss von islamistischen Organisationen entziehen, die das Projekt mitfinanzieren?
Inssan bewege sich im Rahmen des Grundgesetzes und verfolge ein modernes Islamverständnis, sagen Sagir und Nofal. Im Begegnungszentrum solle Deutsch gesprochen und Frauen sollen gleichberechtigt einbezogen werden. Die Finanzierungs- und Einflussfrage beantworten sie jedoch nicht klar. Das 6 Millionen Euro teure Projekt soll überwiegend von islamischen Stiftungen etwa aus Kuwait bezahlt werden. Es gebe mündliche Zusagen, so Sagir. 40 Prozent sollen durch private Spender aus Deutschland abgedeckt werden.
Doch nicht alle Fragesteller bleiben sachlich. Da wird der Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglichen. Lydia Nofal muss sich den Satz: "Sie sind keine Deutsche" aus dem Publikum anhören. Uwe Goetze greift mehrfach ein: Als ein Mann vom Geburtenrückgang und dem "Aussterben des deutschen Volkes" redete, entgegnet er trocken: "Da kann aber jeder, fast jeder was dran ändern" - und viele im Saal lachen befreit auf.
Klar wird: Die CDU Charlottenburg-Wilmersdorf hat keine eindeutige Position zu dem Moscheebau. CDU-Kreisvorsitzender Ingo Schmitt sitzt bei der Veranstaltung zwar neben dem Diskussionsleiter Goetze, äußert sich aber nicht, auch nicht zu den verbalen Ausfällen. Baustadtrat Gröhler ebenso wenig. Gröhler ist zwar prinzipiell dafür, Moscheen aus den Hinterhöfen herauszuholen - aus baurechtlichen und Verfassungsschutz-Gründen. Doch gibt er sich heute skeptischer als noch vor ein paar Monaten: Ihn beunruhige, dass beim Freitagsgebet die erwarteten mehreren hundert Leute sehr laut sein würden und dass die Finanzierung und der Schutz vor "Einflussnahme von außen" noch nicht klar sei. "Das muss man sich ein Stückweit mehr anschauen und dann weitersehen", sagt Gröhler. Als Nächstes müsse Inssan ein Verkehrsgutachten vorlegen.
Imran Sagir zeigte sich "erstaunt und schockiert" von den Angriffen. Er verstehe aber die "normalen" Bedenken gegen den Moscheebau, auch wenn er meint, dass mit zunehmender Aufklärung das Verständnis wachse. "Ich gehe davon aus, dass wir bauen dürfen", sagt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!