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Im Gespräch mit Seyran Ates"Gutmenschen können bösartig sein"

Seit Jahren kämpft Seyran Ates als Anwältin und Autorin gegen Zwangsehen, Ehrenmorde und für muslimische Migrantinnen - und hält Multikulti trotzdem für einen Irrweg.

Die Berliner Anwältin Seyran Ates Bild: dpa
Cigdem Akyol
Interview von Cigdem Akyol

Ein Restaurant in Berlin-Mitte. Die Rechtsanwältin Seyran Ates, 44, empfängt hier für ein Interview, sie kennt die Inhaber. "Deswegen fühle ich mich hier sicher", sagt Ates. Sie ist in Eile, gleich geht es weiter nach Stuttgart zu einer Diskussionsrunde. "Lassen Sie uns es doch gleich klären: Zu welchem politischem Spektrum gehören Sie?", fragt sie, bevor wir mit dem Gespräch beginnen. Eigentlich müsste man Ates kaum Fragen stellen, sie redet, ohne Luft zu holen. Und so lebt sie auch: Die Angst als ständiger Begleiter, eine kleine Tochter, gefragter Gast in Talksendungen, zwischendurch baut sie ihre neue Kanzlei auf und schreibt Bücher.Ihr öffentliches Leben und ihre direkte Art haben auch viele Kritiker. So titelte das türkische Massenblatt Hürriyet einst: "Diese Anwältin ist verrückt geworden." Und nachdem Ates in einer Talksendung über Ehrenmorde und Zwangsheiraten gesprochen hatte, wurde ihr anonym gedroht, jemand würde ihresgleichen mal "das Maul stopfen". Auf diesen Dauerstress angesprochen, erzählt sie von ihren Therapeuten. Diese seien ihr immer eine große Stütze gewesen.Zwischendurch klingelt ihr Handy, eine andere Journalistin will sie sprechen. "Erst in einer Stunde", vertröstet Ates sie. Ates heißt übersetzt Feuer.

taz: Frau Ates, sind Sie konservativ?

Seyran Ates: In bestimmten Dingen bin ich das ganz sicher. Je älter der Mensch wird, desto konservativere Wertvorstellungen soll er annehmen, wird gesagt. Ich achte stärker auf Umgangsformen und vor allem auf meinen Familienzusammenhalt.

Und Ihre politischen Ideale? Sind diese konservativ?

Nein, ich bin eine linke Feministin. Die Linken, die nicht meine Meinung teilen, würde ich als konservativ bezeichnen. Das Absurde hier aber ist, dass diese wiederum mich als konservativ bezeichnen.

Sie können also nicht nachvollziehen, wenn Ihnen vorgeworfen wird, sie würden der zögerlichen Integrationspolitik der CDU nahe stehen? Kritiker vergleichen Ihre Integrationsthesen sogar mit NPD-Programmen.

Das ist eine totale Beleidigung und ein persönlicher Angriff meiner Person. Diejenigen, die mir so etwas vorwerfen, leiden unter ihrer mangelnden Intelligenz. Seit über 20 Jahren kämpfe ich für die Frauenrechte, und kaum ein NPDler und wenige Christdemokraten verfolgen diese Ziele. Außerdem haben diese Parteien Ideale, die ich nicht vertrete.

In Ihrem neuen Buch "Der Multikulti-Irrtum" rechnen Sie mit der deutschen Einwanderungspolitik ab. Daher werden Ihre Thesen von Kritikern auch in die christdemokratische Ecke abgeschoben. Multikulti, so wie es bisher gelebt wurde, sei eine organisierte Verantwortungslosigkeit, schreiben Sie. Warum?

Weil die bisherige Integrationspolitik dazu geführt hat, dass sich Parallelgesellschaften bilden konnten - und die Multikultis haben einen Artenschutz für Minderheiten ausgerufen. Diese verantwortungslose Multikulti-Heile-Welt-Propaganda beinhaltet auch eine Form von Rassismus. Denn diese Leute wollen, dass meine Leute, die aus der Türkei kommen, nicht hier ankommen. Sie fühlen sich selber als Deutsche unwohl und wollen deswegen auch von Ausländern, dass diese sich hier nicht integrieren. Multikultis grenzen uns auch aus.

Wer sind denn für Sie die "Multikultis"?

Sie lieben alles Fremde und möchten nicht deutsch sein - und wenn Sie einen Migrationshintergrund haben, sind Sie für einen Multikulti der beste Mensch auf Erden. Aber für den Multikulti hat der Migrant immer einen geringeren Intelligenzquotienten als ein Deutscher. Sie schauen sich unsere Entwicklung an wie in einem Zoo. Nach dem Motto: Mal gucken, wie der anatolische Bauer sich entwickelt.

Seyran Ates ist also für manchen der beste Mensch auf Erden, aber auch der dümmere und gleichzeitig ein Beobachtungsobjekt?

Oh ja - die Multikultis lieben mich, für die ist meine Existenz der Wahnsinn. Ich bin dazu da, diese Menschen durch mein Dasein glücklich zu machen. Aber ich muss auch in der Schublade bleiben, ich darf mich nicht entwickeln, ich muss die Ausländerin bleiben, ich bin immer die Exotin. Vor allem darf ich mich nicht als Deutsche bezeichnen. Denn das Deutschsein ist für Multikultis unerträglich.

Ein steile These, die Sie vertreten.

Dazu stehe ich. Denn die Linken und Multikultis, die ich anspreche, zeigen oberlehrerhafte Tendenzen. Sie erklären uns die Welt und politische Korrektheiten, können aber keine Kritik annehmen. Dann rechtfertigen diese sich damit, dass sie der Minderheitengesellschaft nicht ihre politischen Ansichten aufdrücken wollen. Aber gerade dadurch tun sie es am Ende doch. Sich nicht einzumischen ist eine organisierte Verantwortungslosigkeit. Die Multikultis machen es sich sehr leicht.

Vielleicht ist es einfach nur Respekt vor dem Individuum?

Minderheitenschutz darf nicht mit Artenschutz gleichgestellt werden. Aber die Multikultis fördern die Entwicklung von Parallelwelten und das ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Wenn ich Minderheiten dabei zusehe, wie sie sich alleine entwickeln, dann betreibe ich einen Kulturchauvinismus.

Sie bezeichnen den "echten Multikulti" als einen "Staatsfeind", übertreiben Sie nicht etwas?

Der Multikulti ist gegen den deutschen Staat, weil er immer das Dritte Reich vermutet. Weil der Staat gegen die Migranten ist, halten sie natürlich bedingungslos zu diesen. Alle Ausländer sind gut - sie schauen überhaupt nicht richtig hin. Und in der vermeintlichen Gutmenschelei erkenne ich eine gewisse Bösartigkeit. So werde ich ständig gefragt, ob ich nach Hause in die Türkei fahre. Damit wird mir immer wieder abgesprochen, nach Deutschland zu gehören.

Die Toleranz des klassischen Multikulti-Menschen gegenüber Migranten habe Ihrer Meinung nach ihre deutlichen Grenzen, welche sind das?

Dann, wenn es ans Eingemachte geht, ist es mit der sonst so hochgehaltenen Nächstenliebe vorbei. Insbesondere die eigene Lebensqualität und die eigenen Kinder haben dann plötzlich Vorrang. Wenn sie erkennen, dass die eigenen Kinder in einem Problembezirk nicht gefördert werden, ziehen sie einfach weg und schicken ihren Nachwuchs in Waldorf- oder Privatschulen. Dann ist die von ihnen geschützte Parallelwelt nicht mehr gut genug.

Der Siedepunkt in Deutschland sei längst erreicht, schreiben Sie. Es fehle nicht mehr viel, bis die Situation auch hier überkochen werde. Was muss denn noch geschehen, damit wir hier französische Verhältnisse bekommen?

Die Jugendlichen sind auf demselben Weg wie die jungen französischen Migranten. Sollte es auch hier Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Jugendlichen geben, wird auch hier der Kampf auf der Straße eskalieren. Denn es wird nicht geschaut, wie es den Jugendlichen geht - und es geht ihnen immer schlimmer.

Perspektivlosigkeit als Anlass für einen Gewaltausbruch?

Genau, und es gibt mittlerweile organisierte und bewaffnete Banden, denen eine Provokation ausreichen würde. Außerdem gibt es ja auch Nachahmungseffekte, die durchaus auf die Kids bei uns überspringen können.

Frau Ates, wenn man Ihnen zuhört, bekommt man fast schon Angst. Sind Sie eine Pessimistin, die uns Multikulti kaputtreden will?

Absolut nicht, ich bin eine totale Optimistin, aber auch eine Realistin. Ich lebe so gerne, dass ich wissen will, was mit der Welt geschieht, in der ich lebe. Ich bin nicht naiv, ich bin gewappnet - für das, was noch kommen wird.

Ist es eigentlich anstrengend, Seyran Ates zu sein?

Ich bin oft müde, weil ich manchmal das Gefühl habe, gegen Windmühlen zu kämpfen. Auch wenn ich immer wieder Preise erhalte und gefragt werde, fehlt mir häufig ein gewisser Rückhalt. Es nervt mich auch, wenn man mir eine Nähe zu der NPD hinterhersagt, um die Diskussion zu verhindern. Mit diesem Totschlagargument kann man ja gerade als Linker viele Punkte machen und Menschen ins politische Abseits stellen.

Wie schauen Ihre persönlichen Zukunftspläne aus?

Es gibt einige Vorhaben, über die ich mich aber nicht äußern will. Momentan baue ich meine Kanzlei wieder neu auf. Ich könnte mir aber auch vorstellen, wissenschaftlich oder beratend zu arbeiten - alles verbunden mit meiner Juristerei.

Und ein Wechsel in die politische Landschaft? Immerhin sind Sie ein Mitglied der SPD.

Ich würde sehr, sehr gerne in die Politik gehen. Aber ich habe das Gefühl, dass die SPD Seyran Ates noch nicht will.

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18 Kommentare

 / 
  • C
    Chrischan74

    Man könnte hier ganze Romane schreiben, so geil sind die Kommentare. Am schönsten ist, daß die hier hochschäumende Arroganz der linken Schreihälse Frau Ates' Thesen zu 100% untermauern.

     

    @ Hayderer: "Unsere Fehler"? Von welchen Fehlern sprichst Du? Ich kann mich nicht erinnern, irgendwelche Fehler gegenüber Migranten begangen zu haben. Wenn mir allerdings eine Gruppe von 12 bis 19jährige (alle mit Oberlippenbart) in der U-Bahn entgegentritt und mich mit "Nazi" oder "Scheiß Kartoffel" provozieren will, gucke ich nicht betreten zu Boden oder wechsel das Abteil sonder springe auf und knall dem Größten in der Gruppe eine.

    Merkwürdigerweise ist dann sofort Ruhe.

     

    @ peeka: Du kannst mit dem hyperventilieren aufhören. Die vom Deutschen Journalisten Verband erfundene und von Wikipedia virulent verbreitete Geschichte, Josef Goebbels hätte als erster das Wort "Gutmensch" benutzt, ist eine schlichte Lüge. Dieses Wort existiert seit Mitte des 19 Jahrhunderts.

     

    @ Shrike: Merci. Als Einwohner Hamburg-Barmbeks (also: Mittendrin) spricht mir Dein Beitrag aus voller Seele.

  • L
    lajojo

    Tja, was soll man da noch sagen? Frau Ates scheint sehr ehrgeizig zu sein, dass was sie sagt hat aber leider nicht immer Hand und Fuß.

     

    Ich denke, die Integrationspolitik war in Deutschland noch nie großes Thema, schließlich wollte man die damaligen Gastarbeiter nun auch nicht in diese Gesellschaft eingliedern, sondern nur für begrenzte Zeit torlerieren und nach getaner Arbeit wieder ab in ihre Heimat senden.

    War wohl nichts! Und was passierte dann? Man grenzte sie aus, siedelte sie in Ghettos um, weit weg vom gutbürgerlichen Deutschen, und hinterher beschwert man sich über die nicht-integrierten Ausländer, die sich ausgrenzen! Haha, ein Witz,der schon seit Jahrzehnten durch dieses Land geistert.

    Zustände wie in den citès vor Paris? Das wäre doch mal etwas, das Bewegung in diese heuchlerische Politik bringen würde!

    Denn wer steht hier schon für einen Ausländer auf? Nur ein weiterer Ausländer! Die Deutschen lehnen sich derweil zurück und beobachten das ganze Treiben tatenlos. Erst wenn es die eigene Haut betrifft, wird sich hier gerührt.

     

    Frau Ates, es wäre schön gewesen, wenn Sie nicht nur ihre eigene Werbetrommel rühren würden...Leider haben die "Nicht-Deutschen" hier immer noch keine wirkliche Stimme! Das ist schon eine Schweinerei sondergleichen! Wo ist hier denn die sogenannte Integration? Wo das MEnschenrecht? Wo die Präsenz in der Politik?

  • S
    Shrike

    Najaaa ..... Der haydar sagt so einiges.

     

    Fehlgeschlagene Über-Integration ?

    Dass ich nicht lache !

    Was ihn ärgert ist, dass Seyran Ates als Migrantin seinen linken Ansichten doch tatsächlich widerspricht. So eine Sauerei !

    Damit bestätigt er bereits ein Stück weit ihre Vorwürfe, denn er schimpft, weil Frau Ates nicht in die Schublade passt, in der er sie gerne hätte.

     

    Verschwörungstheorien ?

    Wieso, die multikultibegeisterten Linken sind doch offen sichtbar ! Öffentlicher geht`s ja kaum, diese Haltung war doch jahrelang politisch korrekter Konsens.

     

    Bürgerliche Rassisten ?

    Oooch wie langweilig !

    Immer das selbe Lied:

    Es muss sich bei der Kritik an Parallelgesellchaften natürlich um Rassismus handeln, SELBST wenn eine Migrantin sie äußert ?

    Na klar: Alles Rassisten, nur die Linken nicht.

    Gähn.

     

    Wer sind die Multikultis ?

    Bei den Grünen, der Linkspartei, der Antifa etc. wird man sicherlich fündig, ich persönlich kenne auch welche.

    So total schlecht ist deren Ansatz ja erstmal nicht, aber die Verantwortungslosigkeit, von der Frau Ates spricht, ergibt sich aus der (bis vor kurzem noch)total unkritischen Haltung etwa den türkischen Communities gegenüber. Der ständige Rassismus-Vorwurf etwa zementierte dort lange den "Artenschutz" von kulturellen Phänomenen (etwa Zwangsehen, Sexismus, agressives Macho-Verhalten, religiöser Zwang), welche die Linke etwa bei strengen (deutschen) Katholiken und Konservativen sofort angreifen würde.

    So wurde bis heute ständig mit zweierlei Maß gemessen.

     

    Recht hat der haydar allerdings mit seinem Verweis auf die Ära Kohl und die Ignoranz der Migration gegenüber.

    Dennoch: Wir haben doch auch viele gut integrierte Migranten. Wie ist das möglich ?

    Der IntegrationsWILLE der Zuwanderer ist enorm wichtig, jedoch offenbar nicht immer vorhanden.

    Und gerade dieses Problem hat die Linke lange verdrängt.

  • D
    danke

    das beste an dem artikel ist der kommentar von der haydar (s.o.)

     

    frau ates kämpft nicht aus gesellschaftlicher verantwortung heruas, sondern aus persönlicher beleidigung.

  • S
    Shrike

    Jaaa, wer könnte "der Multikulti" wohl sein ?

    Ich könnte jetzt natürlich auf Leute wie Claudia Roth verweisen, aber eigentlich findet man solche Verhaltensweisen in linken Kreisen sehr oft.

    Gerade bei Linken, die sich auf jeden Fall für Migranten einsetzen, aber auf die Wünsche und Ansichten dieser Migranten oft gar nicht so recht eingehen.

    Etwa die Linken, welche einerseits Radau machen, um Abschiebungen zu verhindern, die aber andererseits etwa mit den türkischen Familien in Neukölln oft nichts zu tun haben, nie in diesen Communities verkehren.

    Und würden sie z.B. mit den türkischen Kids reden, würden sie teilweise(!) auf einiges stoßen, was ihnen eigentlich gar nicht gefallen würde.

    Aber während deutsche Jugendliche mit solchen Ansichten für sie braune Socken wären, würden sie bei türkischen Jugendlichen mit (türkisch-)nationalistischen, sexistischen, fundamentalistischen oder gar antisemitischen Ansichten sicher wieder die böse (deutsche) Gesellschaft anprangern. Die ist dann Schuld an solchen Entwicklungen. Dies ist gut gemeinte Überheblichkeit, wenn man so will, denn den Migranten wird sozusagen kaum Schuldfähigkeit zugetraut.

     

    Die linke Ablehnung der Nation ist auch nicht der Gipfel der Weisheit.

    "Imagined communities" ?

    Nicht total falsch, aber wenn alle kulturelle Identität nur "imagined" wäre, hätten wir die massiven Integrationsprobleme so gar nicht.

    Natürlich ist Identität oft auch gefühlt, wichtig ist sie aber dennoch, da werden Soziologen zustimmen.

    Viele Linke gefallen sich stets im Dekonstruieren von (nationaler) Identität, aber was haben sie stattdessen anzubieten ?

    Das linke Lager ist ja eher durch Grabenkämpfe bekannt.

    Vielleicht ist nationale Identität ja einfach praktisch nützlich, als Bekenntnis zu unserer Gesellschaft und unseren westlichen Grundwerten ?

    An letzteren sollte eigentlich auch den Linken gelegen sein, vertreten sie diese doch teilweise am radikalsten.

    Faschistoider deutscher Pöbel ?

    Klar gibt`s den, er ist jedoch in der Minderheit. Die Linken setzen Deutschland jedoch oft irgendwie mit dessen braunen Kameraden gleich. Und ist die teilweise arg naive Multikulti-Ideologie die einzige Alternative?

    Es stellt sich auch die Frage, wie tolerant es heute in den sog. Parallelgesellschaften zugeht.

    Da hab ich schon schlimme Sachen gehört, die Linken aber verweisen stehts auf Bereicherung und voneinander Lernen und so.

    Also ich wohne in Berlin und finde dieses Schönreden bisweilen maßlos unrealistisch.

  • S
    Stefan

    Respekt für Frau Ates, aber ich bin mir sicher, daß es "den Multikulti" genauso wenig gibt wie "den Türken" oder "die Kurdin", "den Deutschen", "den Russen" oder ...

     

    Kulturelle Muster/Hintergründe sind eine Sache, Klischees eine andere.

  • A
    aisha

    als person mit algerischem migrationshintergrund ist auch mir schon mehrfach die spucke weggeblieben wenn gewissen elemente des politischen spektrums mir aufgrund meiner ansichten zum frauenbild des islamischen kulturkreises eine nähe zur NPD nachgesagt haben.

  • P
    peeka

    Nun - da bastelt sich Frau Ates also ihren Pappkameraden zusammen, nennt ihn "Multikulti-Gutmensch" (die Herkunft des Begriffes "Gutmensch" könnte ihr evtl. bekannt sein?) und schlägt dann eben auf ihn ein. Das tun viele, das ist nicht sonderlich interessant.

    Wenn jemand aus einer bestimmten Gruppe kommt und diese dann kritisiert, dann horchen natürlich ein paar mehr Menschen aus, was sicherlich auch nicht falsch ist. Dass sich aber nicht jeder überhaupt durch die Nationenzugehörigkeit selbst definiert, sollte vielleicht auch Frau Ates akzeptieren.

    In dem Interview stellt sie sich jedenfalls lediglich als eine langweilige Ideologin dar...

  • K
    katayun

    Wie kann man nur dieser Frau soviel Raum bieten? Bevor ich in einer Ecke gedrängt werde, ich bin eine lesbische Deutschiranerin und habe mit den isl. Fundamentalisten wirklich nichts am Hut, eher im Gegenteil!

    Ates will doch nur in den Bundestag und somit SPD unter Druck setzen. Sie verkauft sich wirklich fantastisch.

    Es gibt genug Menschen migrantischer Hintergrund, die interkulturelle Lösungen gegen die fehlgeleitete Multikulti-Politik der letzten Jahre und Lösungen für interkulturelle Konzepte, sprich für ein besseres Zusammenleben aller Kulturen in diesem Land hätten. Aber nein, sie werden noch nicht einmal wahrgenommen, weil sie nicht so skrupellos aus karrieristischen Gründen, auf Menschen losgehen (hier abwertend multikultis genannt), die es gut gemeint haben und auch selbst erkannt haben, dass sie Fehler gemacht hatten. Haben Sie sich schon einmal gefragt, wer sie wirklich ist? Pfui, dass TAZ dieser Frau als Wahlkämpferin dient. Bei anderen Zeitungen würde es mich nicht wundern. Ich würde auch verbal auf ein Mullah losgehen, wie sie es bei Christiansen gemacht. Aber aus Überzeugung und nicht, weil ich MdB werden will. Pfui, kann ich nur sagen!

  • A
    Angela

    Ein sehr guter Beitrag und Hut ab vor Frau Ates. Eine herrliche, deutliche, kraftvolle Sprache. Jedes Wort ist wahr. Klatsch, klatsch, klatsch!

  • GA
    Gerhard Antretter

    Wenn Frau Ates nicht so hysterisch nach links auskeilen würde, hätte sie sicher mehr Unterstützung von dort. Meine Generation (die kleinen 68er-Brüder und -Schwestern) hat, bildlich gesprochen, noch lange mit dem Rücken zu den "Gastarbeitern" gestanden, um sie gegen den faschistoiden deutschen Pöbel zu verteidigen - und deshalb sicher nicht so genau hingeguckt, wie es nötig gewesen wäre. Dieser Pöbel war übrigens auch der gute Grund dafür, dass wir Deutschland nicht mochten und damit vielleicht uns selber nicht. So manches hat sich ja geändert seitdem ... Mich beeindrucken jedenfalls der Kampfgeist und so manche Einsicht von Frau Ates und es wäre schön, wenn sie ihren Frieden mit der Linken machte - sonst will sie ja wahrscheinlich doch keiner.

  • R
    Regling

    Schön, dass die TAZ solch ein Interwiew veröffentlicht!

    Ich glaube aber nicht, dass sich unsere Gutmenschen

    deshalb ändern oder wenigstens ihre Moral mal hinterfragen!

    Seyran Ates,kämpfen Sie weiter!

  • C
    CmBraun

    Unreflektiertes Anhimmeln einer migrantischen Kultur ist in der Tat problematisch. Ich habe in den Antworten von Frau Ates einige richtige Ansätze geshen. Allerdings muss ich zwei, drei DInge klar kritisieren: 1. Ein extrem kritisches Bewusstsein zu einer nationalen Identität ist sicher nichts Schlimmes. Schließlich ist zum Beispiel Deutsch-sein nur eine abstrakter Begriff, da Nationalität auf "imagined communities" beruht. 2. Wenn Frau Ates das in der Tat komisch anmutende Totschlagargument NPD-Nähe stört, finde ich es sehr unklug evtl naive Multikulti-Jünger als Staatsfeinde zu bezeichnen. So ist mit diesen Kreisen wohl kaum ein Dialog zu führen, weil es ebenfalls wie ein Totschlagargument anmutet. 3. Hoffe ich auch, dass Frau Ates in ihrem Buch noch Vorschläge zur Verbesserung macht, was ich jedoch nicht glaube, sonst hätte sie diese sehr wichtigen Punkte ja bereits in diesem Interview anklingen lassen können. So nämlich mutet das Ganze in der Tat wie das Eindreschen auf libertäre und (zu) tolerante Menschen an. Das Buch kann so - in einer Reihe mit Kai Diekmanns Schwachsinn über "die 68er" - wunderbar allen Neocons als Indiz für Ablehnung von Migranten dienen. Ein etwas differenzierterer Titel wäre schon mal hilfreich gewesen...

  • DH
    Der Haydar

    Seyran Ates ist ein perfektes Beispiel fehlgeschlagener Über-Integration:

    Mittlerweile schon so gut integriert, dass sie, als feministisch-neo-nationalistische Antwort aufs Orientalen-Patriarchat, tatsächlich die ewigen Verschwörungstheorien der Rechten hierzulande wiederkäut: das Märchen vom ach so verblendeten 68-er-Spinner-Gutmensch, der ?Multikulti?, der am Chaos schuld ist; diese faszinierend widerstandslos akzeptierte Lieblingsstheorie bürgerlicher Rassisten?in Bezug auf dieses ärgerlich unausrottbare Lug- und Trugbild hat Mark Terkessidis in der taz mal sehr richtig kommentiert: wer soll das denn sein, bitteschön? Ich kenne u.a. einen Haufen Sozialarbeiter, und da ist kein einziger Träumer dabei (wer schon mal z.B. Hausaufgabenhilfe im Problemviertel geleistet hat, der weiß, dass da zum Träumen keine Zeit bleibt).

     

    Auf widerspruchsfreiem Level bewegt sie sich leider auch nicht: die ominösen ?Multikultis? (ja! Genau die schon wieder!) hätten ?Artenschutz für Minderheiten? ausgerufen (wann denn, bitteschön?), aber bezeichnet das dann als Verantwortungslosigkeit (obwohl diese doch dem gezielten Handeln der ?Multikultis? widerspricht).

     

    Stattdessen gebetsmühlenartig zu verbreiten, dass die Integration der Ausländer in Deutschland wegen irgendwelchen angeblichen Mulit-Kulti-Schutzzonen-Zoowärtern komplett gescheitert sei, sollte sie lieber zugeben, was wirklich passiert ist: der Integrationsprozess ist lange Zeit KOMPLETT plan- & konzeptlos verlaufen (& nicht weil imaginäre Spinner es so gewollt haben; selbst das wäre traurigerweise zuviel der Ehre).

     

    Dermaßen geplant war nichts, so einfach ist das. Unter 16 Jahren Kohl hat dann außerdem noch ein bundespolitischer Nahezu-Stillstand in der Integrationspolitik stattgefunden, der ganz gehörig mit die Weichen für das gestellt worden sind, was heute leichtfertig als Parallelgesellschaft verdammt wird.

     

    Als ich 16 war, war die Möglichkeit zur Einbügerung für Türken praktisch nicht existent. Aber daran waren wahrscheinlich auch die bösen Multikulti-Fanatiker schuld; ebenso an der Unterschriftenkampagne gegen den Doppelpass, brennenden Häuser in Solingen und Mölln, sowie dass ich als Kind vom Fahrrad runtergestoßen wurde ? alles nur Einbildung, waren ja hierzulande immer nur?Multikultis? an der Macht.

     

    Wer gegen sie ist, leidet prinzipiell an mangelnder Intelligenz? Dann ist Pluralismus wohl was für dumme ?Multikultis?.

     

    Aber für die Rechten ist sie natürlich super: Cool, jetzt ziehen die Türken schon über sich selber & die "Multikultis" her, statt über unsere Fehler zu reden?wie praktisch.

  • TS
    Thomas Schöffel

    Frau Ates hat recht. Auch einige (unserer)liebgewonnen linken Lebenslügen gehören über Bord geworfen. Volle Gleichberechtigung ist dann erreicht, wenn man zugibt, daß Dummheit, Ignoranz und Gewalttätigkeit nicht nur dort herrschen, wo es sozusagen angenehm ist. Wenn sich ein KZ-Überlebender heute vor Jugendlichen mit Migrationshintergrund (was für ein Wortungetüm)

    fürchtet, müssen wir das ernstnehmen, auch wenn es uns nicht paßt.

  • O
    ohitika33

    Frau Ates hat mit jedem ihrer Worte recht,

    unverstellter Blick und klare Artikulation sind

    ihre hervorragenden Wesensmerkmale.

    Leider ist das auch das Problem;

    Die Politik braucht Heuchler, auch in der SPD!

  • A
    Alex

    Wieso wird nicht über die Alternativen gesprochen, die Seyran Ates sieht? Sieht sie welche? Interessant wäre gewesen den ganzen Thesen einige Lösungsansätze nachzustellen! Schade, so ist das abgedruckte Interview einseitig geblieben.

  • TF
    Thomas Fuegner

    Atemberaubend mutig, diese Frau. SO, mit dieser differenzierten Klarheit, liebe ich multikulti!