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Streit um NPD-Satire in RüsselsheimKeine Lacher aus dem Rathaus

Weil Rechtsextreme in Rüsselsheim aufmarschieren durften, pries eine Satire die Stadt als Ziel für Neonazis. Deshalb streiten Autor und Magistrat nun vor Gericht.

Die Rüsselsheimer Polizei versuchte am 1. Mai NPD-Anhänger von Gegendemonstranten zu trennen Bild: dpa

RÜSSELSHEIM taz Wegen einer unbequemen NPD-Satire streitet der rot-grüne Magistrat von Rüsselheim mit einem Journalisten vor Gericht. Dem Macher der lokalen Satirezeitung M 55, Steffen Jobst, wird von der Stadtregierung unter Oberbürgermeister Stefan Gieltowski (SPD) vorgeworfen, die Ehre der Kommune verletzt und den Magistrat verunglimpft zu haben.

Nach zwei Demos rechter Parteien in der Stadt hatte Jobst einen Scheinaufruf an Rechtsextreme veröffentlicht: "Kommt nach Rüsselsheim", hieß es im November 2007 in der M 55. "Nach zwei erfolgreichen Veranstaltungen mit nationalem Hintergrund können wir mit Stolz behaupten, dass Rüsselsheim eine Kundgebung wert ist." Man habe es hier schließlich mit einem Magistrat zu tun, der "mit dilettantischen Jurakenntnissen mithilft, die uns von den Westalliierten aufgezwungene Demokratie als zahnlos zu entlarven". Zudem wurde den Neonazis eine Rundfahrt angeboten - vorbei am ehemaligen NSDAP-Parteiheim. Abgedruckt war auch das Logo der Stadt - in brauner Farbe.

Tatsächlich hatte der Magistrat aus Angst vor Randale der rechtsextremistischen NPD eine Kundgebung am 1. Mai 2007 auf dem Lassalleplatz am Rande der City zunächst gestattet. Die Stadtregierung unternahm nicht einmal den Versuch, die NPD-Demonstration zu verbieten. Erst als der Deutsche Gewerkschaftsbund mehr als 14 Tage später auch eine Kundgebung für den 1. Mai auf dem Lassalleplatz anmeldete, schickte der Magistrat der NPD eine Verbotsverfügung. Die wurde vom Verwaltungsgericht in Darmstadt wieder aufgehoben; schließlich war die NPD der Erstanmelder. Im November hoben die Darmstädter Richter auch das Verbot einer Kundgebung der rechtsextremen "Republikaner" (REP) auf dem Lassalleplatz wieder auf. Warum sollte denen verwehrt werden, was der NPD zuvor gestattet worden war?

Als Steffen Jobst seine Satire veröffentlichte, sandte ihm der Magistrat eine Unterlassungserklärung. Zwei Sätze störten die Stadtoberen: "Am 1. Mai stellten wir durch ungeschicktes Handeln beim Ordnungsamt der NPD den Lassalleplatz zur Verfügung." Und: "Nur wenige Monate später stellten wir erneut unter Beweis, dass Rüsselsheim wirklich tolerant ist, und ermöglichten auch den Republikanern eine Kundgebung auf demselben Platz."

Jobst unterschrieb die Unterlassungserklärung nicht. Daraufhin erwirkte die Stadt beim Landgericht in Darmstadt eine einstweilige Verfügung, die dem Autor unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro untersagt, diese beiden Sätze weiter zu verbreiten. Dagegen legte Jobst Widerspruch ein. Kurz vor Weihnachten wurde wiederum in Darmstadt verhandelt. Nach Meinung des Vorsitzenden Richters Oliver Schnurr habe der Beitrag "die Grenzen der typischen Satire überschritten". Ein unbefangener Leser müsse annehmen, dass es sich bei dem Artikel tatsächlich um einen Aufruf der Stadt handele. Für den 11. Januar kündigte die Kammer ihr Urteil an. Wahrscheinlich wird Jobsts Einspruch gegen die einstweilige Verfügung zurückgewiesen.

Sein Anwalt Jan-Alexander Fortmeyer glaubt aber an einen Erfolg in der nächsten Instanz beim Oberlandesgericht Frankfurt. Er geht davon aus, dass man wegen der "eindeutigen Rechtsprechung zur Kunst- und Meinungsfreiheit" obsiegen werde.

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