Hisbollah prahlt mit israelischen Leichenteilen: Nasrallah droht Israel mit Vergeltung
Der Generalsekretär der Hisbollah zeigt sich erstmals seit einem Jahr wieder in der Öffentlichkeit - um eine Zustimmung Israels zum Austausch von Gefangenen zu erreichen.
KAIRO taz Es war der erste öffentliche Auftritt des Hisbollah-Generalsekretärs Hassan Nasrallah seit über einem Jahr. Dabei scheint er mit seiner Rede, die er anlässlich des schiitischen Aschura-Festes am Samstag im Süden Beiruts hielt, vor allem zwei Ziele verfolgt zu haben. Hisbollah möchte Druck auf Israel ausüben, einem Gefangen- bzw. Leichenaustausch zuzustimmen. Außerdem wollte Nasrallah arabischen und israelischen Medien entgegentreten, die letztes Jahr vermeldet hatten, dass er von seinen iranischen Sponsoren degradiert und ihm die Kontrolle über den militärischen Flügel der Schiitenmiliz entzogen wurde.
"Wenn Israel gegen den Libanon einen neuen Krieg beginnt, versprechen wir ihnen einen Krieg, der die gesamte Region verändern wird", rief Nasrallah unter dem Applaus von zehntausenden seiner Anhänger. Hisbollah besitze "Köpfe, Hände und Beine" israelischer Soldaten, die im jüngsten Libanonkrieg getötet worden waren. Man verfüge sogar über eine "fast vollständige" Leiche, ließ er in einem besonders makaberen Teil seiner Rede verlauten. "Die israelische Armee war auf dem Feld so schwach, dass sie nicht nur die Überreste von zwei, sondern von vielen Soldaten zurückgelassen hat", sagte der Hisbollah-Chef.
Die israelische Armee sprach von einer "grausamen und zynischen" Äußerung einer "Organisation, die die grundlegendsten Werte mit Füßen tritt und keinen Respekt für Menschenrechte oder internationale Konventionen hat", äußerte sich aber nicht darüber, ob die Aussagen Nasrallahs wahr sind. Kommentatoren in den israelischen Abendnachrichten betonten jedoch, dass alle im Libanonkrieg gefallen Soldaten vollständig begraben worden seien. "Wir wissen nicht, was die israelische Armee den Angehörigen gesagt hat und welche Leichenteile sie zurückgegeben hat", hatte Nasrallah gesagt.
1998 hatten Israel und die Hisbollah schon einmal die Leichen von 40 libanesischen Kämpfern gegen die Leiche eines israelischen Soldaten ausgetauscht. Im Libanonkrieg 2006 waren 1.200 Libanesen und 157 Israelis getötet worden. Nach offiziellen israelischen Angaben sind 119 israelische Soldaten gefallen.
Der jetzige Auftritt seit seiner "Siegesrede" nach dem Krieg im September 2006 kommt auch in einer Zeit größter Spannungen im Libanon. Seit zwei Monaten hat das Land keinen Präsidenten, weil sich die beiden politischen Lager, die Regierung von Premier Fuad Siniora und das von Hisbollah angeführte Oppositionsbündnis auf keinen Kandidaten einigen können. Im Gespräch ist ein Plan der Arabischen Liga. Dieser sieht vor, dass Militärchef Michel Suliman das Amt übernehmen und eine Regierung der Nationalen Einheit geschaffen werden soll, in der kein Lager ein Vetorecht hat. Den letzten Punkt lehnt die Hisbollah bisher ab, da sie ein Vetorecht gegen alle strategischen Entscheidungen der Regierung fordert. Damit will sie auch verhindern, dass sich die Regierung in Beirut zu sehr an die USA bindet und eine Entwaffnung der Hisbollah beschließt.
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