Kommentar Iran-Politik: Steinmeier macht einen großen Fehler

Die fünf Vetomächte plus Deutschland haben entschieden, bei ihrer Eskalationsstrategie gegenüber Iran zu bleiben. Dabei ist die kontraproduktiv - und stärkt nur Ahmadinedschad.

Der Streit um das iranische Atomprogramm, einer der wichtigsten und potenziell gefährlichsten internationalen Konflikte, ist zum Gegenstand des Parteienwahlkampfes in Deutschland verkommen. Fünf Tage vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen präsentierte SPD-Vizechef Steinmeier in seiner Eigenschaft als deutscher Außenminister in Berlin seine AmtskollegInnen aus den fünf Vetomächten des UNO-Sicherheitsrates als einig zum Thema Iran. Auf einer "Pressekonferenz", auf der nur Steinmeier redete und Fragen überhaupt nicht erlaubt waren.

Die vorab geäußerte Kritik von CDU-Politikern, das Berliner Außenministertreffen werde die Uneinigkeit der Vetomächte in Sachen Iran aufzeigen und damit "ein Signal der Schwäche an Teheran senden", konnte der SPD-Vize mit seiner "Pressekonferenz" zunächst einmal widerlegen. Und wenn dann der bei dem Treffen vereinbarte Entwurf für eine neue Iran-Resolution veröffentlicht wird und doch noch auf Widerspruch stoßen sollte - dann sind die Wahlen in Hessen und Niedersachsen längst entschieden. Neue Sanktionen - so viel ist klar - enthält der Resolutionsentwurf nicht, lediglich marginale Ausweitungen bereits früher vom Sicherheitsrat beschlossener Maßnahmen. Doch unabhängig von konkreten Details des Entwurfs hat allein die erklärte Absicht zu einer erneuten Resolution in Teheran dieselbe kontraproduktive Wirkung wie alle Beschlüsse, die das EU-Trio (Frankreich, Großbritannien und Deutschland), die USA und der Sicherheitsrat seit Anfang 2005 zum Thema iranisches Atomprogramm gefasst haben. De facto werden Präsident Ahmadinedschad und seine Hardlinerfraktion gestärkt. Eine Möglichkeit zum gesichtswahrenden Ausstieg aus der kontraproduktiven Eskalationsstrategie gegenüber Teheran hätte der im Dezember veröffentlichte Bericht der US-Geheimdienste zum iranischen Atomprogramm geboten. Stattdessen zitiert Steinmeier diesen Bericht in wahrheitswidriger Weise als angeblichen Beleg für die Notwendigkeit, diese Eskalationsstrategie fortzusetzen.

ANDREAS ZUMACH

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.