Gedenken an Flugzeugunglück: Aus für Manchester United
Vor 50 Jahren raste in München ein Flugzeug in ein Haus. 23 Menschen starben, darunter acht Spieler von Manchester United. Danach begann der Abstieg.
DUBLIN taz Es war bereits der dritte Versuch. Zweimal hatte der Pilot James Thain den Start wegen des widrigen Wetters auf dem Münchner Flughafen Riem abbrechen müssen. Diesmal schien es zu klappen, doch plötzlich verlor das Flugzeug im Schneematsch am Ende der Startbahn an Geschwindigkeit. Es war zu spät, um den Start erneut abzubrechen. Die Maschine durchbrach den Flughafenzaun und raste in ein leerstehendes Haus. Das war heute vor 50 Jahren, um 15:04 Uhr.
An Bord waren die Mannschaft des englischen Meisters Manchester United, der Trainer und die Betreuer sowie eine Reihe von Journalisten. Das Flugzeug war auf dem Weg von Belgrad nach Manchester, München war lediglich ein Zwischenstopp zum Auftanken. Am Vorabend hatte die Mannschaft gegen Roter Stern Belgrad 3:3 gespielt und war durch den 2:1-Sieg im Hinspiel in die nächste Runde des Europapokals der Landesmeister eingezogen.
Von den 44 Passagieren starben 23, darunter acht Spieler. Trainer Matt Busby lag schwerverletzt zwei Monate im Krankenhaus. Es war das vorläufige Ende der "Busby Babes". Man brachte die Saison mit Ersatzspielern zu Ende und rutschte auf den neunten Platz ab. Doch Busby baute in der darauffolgenden Saison ein neues Team auf. Zehn Jahre nach dem Unglück von München gewann United schließlich den Europapokal gegen Benfica Lissabon. Zwei Überlebende von München standen in der Mannschaft: Bobby Charlton und Billy Foulkes.
Danach ging es bergab. George Best, der geniale nordirische Linksaußen, sagte: "Ich war 22, ich glaubte, der Sieg im Europapokal sei der Beginn einer großen Zeit für United. Aber für viele war es ein Abschluss, sie hatten ihre Mission erfüllt." Busby ging in Rente, ein paar Jahre später stieg Manchester United ab. Erst ab 1993 knüpfte der Verein unter Trainer Alex Ferguson an die großen Zeiten an. Ferguson hatte Busby immer bewundert. So galt sein erster Gedanke nach dem gewonnenen Champions-League-Finale von 1999 gegen Bayern München seinem Vorbild: Busby wäre an diesem Tag 90 Jahre alt geworden.
Das Unglück von München war nicht die erste Flugzeugkatastrophe, bei der eine berühmte Fußballmannschaft ausgelöscht wurde. Neun Jahre zuvor hatte der AC Turin sein gesamtes Team verloren, als ihr Flugzeug am Turiner Hausberg Superga zerschellte. Es war damals die beste Mannschaft der Welt, sie war nahezu identisch mit der italienischen Nationalelf. Wie in Italien, so glaubt man auch in England, dass man ohne die Flugzeugunglücke zwei WM-Titel mehr geholt hätte.
Heute Abend, beim Freundschaftsspiel zwischen England und der Schweiz im Londoner Wembleystadion, werden die Fotos der Spieler, die vor 50 Jahren ums Leben kamen, auf Großleinwände projiziert, vor dem Anpfiff gibt es eine Gedenkminute. In Manchester legen Fans und Funktionäre um 15:04 Uhr einen Kranz nieder. Und am Sonntag beim Lokalderby zwischen United und Manchester City werden die Spieler Trikots im Stil der Fünfzigerjahre tragen. Manchester City hatte damals ebenfalls ein Opfer zu beklagen: Frank Swift spielte früher als Torwart für den Club und die englische Nationalmannschaft. Nach dem Ende seiner Karriere arbeitete er als Fußballreporter für News of the World.
Mit den Überlebenden ging man weniger sentimental um. Zwei Spieler, die ihre Karriere wegen der schweren Verletzungen aufgeben mussten, wurden aus den clubeigenen Häusern geworfen. Und Pilot James Thain musste sich verantworten, weil er es angeblich unterlassen hatte, die Tragflächen zu enteisen. Der Prozess zog sich zehn Jahre hin, dann wurde Thain freigesprochen. British Airways hatte ihn nach dem Unglück entlassen. Er betrieb daraufhin eine Hühnerfarm in Berkshire, wo er 1975 mit 53 Jahren an Herzversagen starb.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!