Kommentar: Momper soll zu Hause bleiben
berlin-peking
Bundeskanzlerin Angela Merkel fliegt nicht zu den Olympischen Spielen. Bundespräsident Horst Köhler (beide CDU) bleibt der Eröffnungsfeier in Peking fern und zieht allenfalls einen Besuch bei den Paralympics, den Spielen für behinderte Sportler, in Betracht. Und einige SPD-Politiker erwägen gar einen kompletten Boykott. Nur einem Politiker scheint die Livepräsenz beim Sportspektakel wichtiger zu sein als die Frage nach einem angemessenen Umgang mit Chinas Führung: Mit Hilfe seiner SPD-Genossen setzte Parlamentspräsident Walter Momper in einer Abstimmung durch, dass seine Reise zu den Olympischen Spielen nicht abgesagt wird. Eine unverantwortliche Entscheidung.
Köhler und Merkel brachten ihr Fernbleiben offiziell zwar auch nicht in Zusammenhang mit der brutalen Niederschlagung der Proteste in Tibet, aber immerhin haben sie indirekt signalisiert: Ein Besuch von hochrangigen Politikern in Peking ist angesichts der aktuellen Umstände derzeit nicht angemessen.
Auch Momper müsste wissen, dass ein offizieller Besuch der Pekinger Führung allein dazu dient, sich in einer gigantischen Propagandashow zu feiern. Dass in den Stadien der Spiele auch öffentliche Massenhinrichtungen stattfanden, dürfte nicht thematisiert werden.
Eine Pekingreise ist nicht partout abzulehnen. Wenn sich Momper mit einer Tibetfahne auf dem Tiananmen-Platz stellt und die Verletzung der Menschenrechte anprangert oder sich gar persönlich für die Freilassung des Menschenrechtlers Hu Jia starkmacht, dann ist das ein angemessener Umgang mit Pekings Führung. Da all das aber nicht zu erwarten ist, sollte sich Momper die Spiele im Fernsehen anschauen. Von Berlin aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!