Neuer Verfassungsrichter Voßkuhle: Bald Nr. 1 in Karlsruhe
Für Andreas Voßkuhle ist der Job als Verfassungsrichter "das schönste Amt, das man sich als Jurist vorstellen kann". Also sagte er gleich Ja, als die SPD fragte.
Was für eine Karriere: Gestern wurde Andreas Voßkuhle, 44, vom Bundesrat zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts gewählt. In zwei Jahren soll er zum Präsidenten aufrücken. Er wäre der jüngste, den Karlsruhe je hatte. Bei Ende seiner Amtszeit 2020 wäre er erst 56. Die meisten Verfassungsrichter werden in diesem Alter erst gewählt. Manche Medien spekulieren schon, dass Voßkuhle dann ja Bundespräsident werden könnte.
Seine steile Laufbahn lädt zu solchen Spekulationen ein. Schon mit 35 wurde Voßkuhle Professor für Öffentliches Recht, mit 44 Rektor der Freiburger Universität. Doch der Hoffnungsträger war kaum im Amt, schon kam die Anfrage von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD), ob er bereit sei, nach Karlsruhe zu wechseln. Voßkuhle überlegte nur wenige Minuten: "Das Amt des Verfassungsrichters ist das schönste Amt, das man sich als Jurist vorstellen kann. Eine solche Anfrage kann man nicht ablehnen."
Als Vizepräsident leitet Voßkuhle die Sitzungen des Zweiten Senats, hat aber auch nur eine Stimme, wie die anderen sieben Richter. Wenn der geborene Detmolder 2010 Präsident des Verfassungsgerichts wird, bleibt er weiter Mitglied im Zweiten Senat, muss aber noch mehr Zeit für repräsentative Termine aufwenden. Voßkuhle gilt als Teamplayer, so trat er auch sein Amt als Rektor an. In Karlsruhe wird ihm das helfen, schließlich sind ja die meisten Richter deutlich älter als er.
Voßkuhle ist parteilos. "Ich fühle mich aber den Grundpositionen der Sozialdemokratie nahe", sagte er gestern. Zu Beginn seiner Berufslaufbahn arbeitete er zwar für die Bayerische Landesregierung, das habe aber nichts zu bedeuten: "In Bayern wurde nicht aufs Parteibuch geschaut, sondern nur auf die Examensnoten."
Voßkuhle stellte sich gestern bereits kurz nach der Wahl in Freiburg Fragen der Presse. So etwas war bei frisch gewählten Verfassungsrichtern bisher nicht üblich - ein Signal für Transparenz. Vielleicht wollte er damit auch die Irritationen ausgleichen, die durch das etwas überfallartige Auswahlverfahren ausgelöst wurden. Grundsätzlich hat sich für Voßkuhle die Wahl der Verfassungsrichter ohne öffentliche Anhörung bewährt. "Das mag wenig transparent, vielleicht sogar etwas irrational sein, hat aber in aller Regel zu konsensfähigen Ergebnissen geführt."
Der 1,95 Meter große Jurist spricht druckreif, diplomatisch. Anders als Horst Dreier, der erste SPD-Kandidat für diesen Posten, hat Voßkuhle eine unmissverständliche Haltung zur Folter: "Ich bin gegen jede Lockerung des Folterverbots. Ich glaube, dass wir hier strikt sein müssen. Das ist für mich ein Teil des Versprechens des Rechtsstaats."
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