Kein Geld für die Teufelskralle: Biopiraten stehlen Vielfalt des Südens
Wer aus biologischen Arten eines Landes Produkte entwickelt, muss dafür bezahlen. Aber auch 14 Jahre nach der Biodiversitätskonvention haben viele Industrieländer sie nicht umgesetzt.
Der deutsche Kolonialsoldat staunte: Ein Mann behandelte einen verwundeten Kämpfer mit einer Knolle, die er aus dem Wüstensand gegraben hatte, und dem Patienten ging es nach kurzer Zeit wieder gut. Das war Anfang des Jahrhunderts in Namibia, und seither ist die Teufelskralle in Europa zu einem der wichtigsten Naturheilmittel gegen Rheuma und Entzündungen geworden.
Die wildwachsende Teufelskralle gilt heute als stark bedroht. Aber die Pflanze ist nicht nur ein Beispiel für die Gefährdung der Artenvielfalt, sondern vor allem dafür, wie der Norden den Süden ausbeutet. Pharmafirmen verdienen Millionen an Teufelskrallenmedikamenten. Aber die San, die Buschleute und Ureinwohner Namibias, die die Wirkung der unscheinbaren Pflanze entdeckten, haben so gut wie nichts daran verdient.
Bis Ende 1993 war die genetische Vielfalt gemeinsames Erbe der Menschheit - und damit kostenlos. Dann wurde in der Biodiversitätskonvention vereinbart, dass Tiere, Pflanzen und Gene Eigentum des Staats sind, auf dessen Territorium sie vorkommen. Jeder, der die biologischen Ressourcen nutzen will, muss die Zustimmung des Landes einholen. Wird das daraus entwickelte Produkt ein Erfolg, ist der Gewinn gerecht aufzuteilen. So weit die Theorie.
"Doch nach nunmehr 14 Jahren fließt immer noch kein Geld, weil die Industriestaaten die Biodiversitätskonvention nicht in ihr nationales Recht umgesetzt haben", sagt François Meienberg von der Schweizer Nichtregierungsorganisation "Erklärung von Bern". Auf Druck der Entwicklungsländer soll nun im Jahr 2010 eine verbindliche Regelung zustande kommen.
Ganz anders das sogenannte Trips-Abkommen, das die Anerkennung von Patenten verbindlich regelt. Zunehmend sind auch Lebewesen, Pflanzensorten und Gensequenzen als "Erfindung" urheberrechtlich geschützt. Firmen machen viel Geld mit natürlichen Ressourcen, die ursprünglich aus Entwicklungsländern stammen, ohne je dafür bezahlt zu haben. "Das Trips-Abkommen begünstigt Biopiraterie", sagt Michael Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst.
Der "gerechte Vorteilsausgleich" zwischen Nutzern und Ursprungsländern wird zentraler Verhandlungspunkt bei der UN-Biodiversitätskonferenz im Mai sein. Der Norden will sich einen möglichst freien Zugang zu den Ressourcen wahren, die Länder des Südens pochen auf Beteiligung an den Gewinnen.
Ein zentrales Land allerdings spielt nicht mit - die USA. Sie haben die Biodiversitätskonvention nicht ratifiziert. Zugleich sponsert das von der US-Regierung finanzierte Smithsonian Institute ein Projekt, das sich International Consortium for barcode of life nennt. Innerhalb von fünf Jahren sollen zunächst Erbinformationen von 500.000 Arten wie in einer Bibliothek gesammelt werden "Das kann alle Verhandlungen über ein internationales Regime hinfällig machen," warnt Mute Schimpf von Misereor. Wenn Konzerne kostenlosen Zugang zu den Ressourcen haben und nicht einmal bei Patentanmeldungen die ursprüngliche Herkunft des Materials deklarieren müssen, werden sie nie mit Entwicklungsländern über die Gewinnaufteilung verhandeln.
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