Referendum inmitten Zyklon-Desaster: Birmas Junta jubelt über Ja-Sager

Die Militärjunta hat sich trotz der Zyklon-Katastrophe die Zustimmung zur Verfassung organisiert. Viele hoffen, dass nach dem Referendum mehr Hilfe ins Land kommen darf.

Viele waren fassungslos, dass sie wählen musste - ausgezählt wurde trotzdem Bild: dpa

Die Bevölkerung habe mit überwältigender Mehrheit der neuen Verfassung zugestimmt, erklärten Birmas Staatsmedien am Wochenende. "Das Referendum ist von Erfolg gekrönt", hieß es zur umstrittenen Abstimmung am Samstag . Die Zustimmung habe in einzelnen Bezirken und Regionen zwischen 90 und knapp 100 Prozent gelegen. Angesichts der Not nach dem Wirbelsturm "Nargis" waren viele Wähler fassungslos, dass man sie überhaupt an die Urnen zwang.

Die neue Verfassung, die die Macht der Militärs zementieren soll, ist den meisten Überlebenden des Zyklons egal. Was sie jetzt dringend brauchen, sind Essen, Medizin und eine Bleibe. Was schere sie die neue Verfassung, wurde eine Frau aus der Umgebung von Rangun zitiert. Zwar habe sie mit Ja gestimmt, aber sie wisse nichts darüber. "Ich brauche für mich und meine Familie erst einmal ein Dach über dem Kopf."

Betrug und Einschüchterungen seien massiv gewesen, sagen Regimekritiker. So seien Wählerlisten gefälscht worden, berichtete U Myint Thein vom exilierten "Nationalrat der Union Birma" der taz. In dem von der Minderheit der Karen bewohnten Region im Osten Birmas hatten etliche Wahlberechtigte feststellen müssen, dass in ihrem Namen bereits abgestimmt worden war.

"Dieses Referendum war absolut nicht frei und fair", monierte auch Naing Aung vom Forum für Demokratie in Birma gegenüber der taz. Beamte, Lehrer und Soldaten hätten vorab vor den Augen ihren Vorgesetzten abstimmen müssen. Er berichtete auch von Widerstand: "In von ethnischen Minderheiten bewohnten Staaten wie Kachin und Shan haben die Menschen offen mit Nein gestimmt."

Im vom Zyklon "Nargis" schwer zerstörten Irrawaddy-Delta wollen die Militärs die Abstimmung schon in zwei Wochen durchführen. Regimekritiker erwarten dort besonders viele Nein-Stimmen, weil die Junta die meisten Angebote internationaler Hilfe blockiert hat und so das Leben Hunderttausender riskiert.

Mehr als eine Woche nach dem verheerenden Wirbelsturm warten in Birma noch immer viele Überlebende verzweifelt auf Hilfe. Jetzt, da das umstrittene Referendum in einem Großteil des Landes gelaufen ist, scheinen die Militärs gewillt, das Land langsam für ausländische Hilfe und Experten zu öffnen. Denen läuft die Zeit davon: "Wir erreichen zu wenig Leute, und es dauert zu lange", sagte Terje Skavdal vom UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (Ocha) gestern in Bangkok. "Normalerweise läuft die Hilfe in einer Situation wie dieser nach drei, vier Tagen auf Hochtouren" - in Birma leider nicht. Die Deutsche Welthungerhilfe berichtete der taz, dass ausländische Helfer weiterhin nicht in das Irrawaddy-Delta vorgelassen würden. Dort könnten nur einheimische Mitarbeiter Hilfe leisten.

Gestern landete erstmals ein US-Militärflugzeug mit Hilfsgütern in Rangun. Das ist ungewöhnlich, da die Junta die USA als Erzfeind ansieht und Washington Sanktionen gegen die Junta verhängt hat. Allerdings sollen die Amerikaner zugestimmt haben, dass Birmas Militär die Hilfsgüter verteilt.

Die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeil schloss nicht aus, Hilfslieferungen notfalls auch gegen den Willen der Militärs vorzunehmen, und unterstützt damit Frankreichs Haltung. "Organisationen in Birma haben sich bereits sehr deutlich für eine humanitäre Intervention ausgesprochen", so Nang Charm Tong vom Shan Womens Action Network zur taz. "Dies ist nicht die Zeit, sich mit den Restriktionen des Regimes abzufinden."

Die UN fürchten, dass 1,9 Millionen Menschen vom Zyklon betroffen und mindestens 100.000 gestorben sind.

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