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Kommentar DemokratieverdrussDemokratieverachtung wird salonfähig

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Demokratie hat die Mehrheit der Deutschen nie als erkämpftes Gut kennengelernt. Was man aber nicht errungen hat, glaubt man offenbar, wieder aufgeben zu können.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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15 Kommentare

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  • T
    Tom

    die alten sehen sich als helden. sie haben sich gegen ihre naziopas gestellt und die demokratie wieder neu erfunden. das war alles hart erkämpft. idealisiert eure vergangenheit ruhig weiter. ich teile diese perspektive nicht. auf der alltagspolitischen ebene hatten wir nie eine demokratie. die gelebte gesellschaftliche wirklichkeit ist heutzutage von demokratie weit, weit entfernt. die mehrheit des volkes läuft den gleichen weg: die schule legitimiert mit der begabungsideologie die herrschaft von einigen wenigen. das volk lernt sich zu ducken, weil es ja beigebracht bekommen hat, dass es nicht so schlau, wie die da oben ist.

  • HW
    Henrik Wittenberg

    Demokratie braucht Sicherheit!

    http://www.bgekoeln.de/files/plakate_bgekoeln.pdf

  • MG
    Magdalene Geisler

    Wieso bloß hängt sich die Taz immer unkritischer an solche zentralisierten Meinungsthemen. Ihr plappert inzwischen wie sie alle plappern. Alle Medien wählten als Überschrift oder im Text: "Demokratieverdrossenheit". Aus DDR-Zeiten kenne ich noch Anweisungen, wie die Wortwahl zu gestalten ist. Ihr ahnt gar nicht, wie Zeitdruck und Anpassung auch hier schon den Eindruck vermitteln, es gäbe so eine "Durchstell"-Behörde auch bei den hiesigen Medien. Ist gar nicht nötig, muss man konstatieren. Es funktioniert auch so.

     

    Das ist doch fürchterlich.

  • V
    vic

    Es existiert keine Demokratie in diesem Staat.

    Und was ich vor allem anderen verachte ist der Regierungsapparat. Auch hier stinkt der Fisch von Kopf her.

  • W
    WalterK

    Klasse Beiträge. Ich kann jedem zustimmen. Und die Überschrift ist Blödsinn.

  • SP
    SJ Plöhn

    Wie soll man seinen Glauben an ein gerechtes, funktionierendes demokratisches System behalten, wenn man unbeabsichtigt in die menschenverachtenden Fänge von Hartz IV gerät und ganz schnell bemerkt, dass man da so ohne weiteres nicht mehr rauskommen wird.

    Das Schlimme ist nicht nur, dass diese Gesetze von einer sozial/ökologischen Koalition erdacht und verabschiedet wurden - nein: auf dem zwangsläufigen sozialen Abstieg und dem Rückzug aus der Gesellschaft, wird man durch Herrn Schäubles Bespitzelungsabsichten aller Art vom Staat nun auch noch bis ins Private verfolgt und einem selbst dieser kleine Rückzugsraum genommen. Das ist perfide - nicht demokratisch!

  • PM
    Peter Müller

    "Demokratieverachtung wird salonfähig" Diese Überschrift ist falsch. Das Vertrauen in die Demokratie schwindet. Demokratie hat die Mehrheit der Deutschen nie als erkämpftes Gut kennengelernt. Dieser Satz widerspricht aber der Aussage, dass 53% der Ostdeutschen an dieser Demokratie zweifeln. Grade diese sind es doch, welche die Demokratie erkämpft hatten. Nehmen wir doch einfach Merkel. Führt sie nicht genau das fort, was in der DDR üblich war. Innenpolitisch sieht sie zu, wie das Volk verarmt und das ist unstreitig. Hingegen benimmt sie sich schlimmer, als die Kaiser und Könige es taten. Mir fällt da z.B. das 2,5Mio. Euro teure Wildsaubratenessen mit Bush ein, wo sogar ein ganzer Ort weggesperrt worden war. Sie reist sinnbefreit durch die Welt und verteilt Gelder, die in der BRD dringend benötigt werden. Das nennt man Selbstverwirklichung, aber nicht regieren. Über Kontrollschäuble zu schreiben ist überflüssig außer, dass seine Maßnahmen dazu dienen werden, die Regierenden zu schützen. Militäreinsätze im Innern benötigen nur Diktaturen. Das beweist, dass nicht nur das Volk an der Demokratie zweifelt, sondern die herrschende Klasse selber. Eine demokratisch gewählte Regierung, braucht den Volkszorn nicht zu fürchten. Es wird derzeit undemokratisch am Volk vorbeiregiert. Demokratische Länder, wie Irland, werden noch geächtet, nur weil die EU-Possen nicht mitgetragen werden, wie von der Bevölkerung gewünscht. Es war doch wohl Steinmeier, der den Vorschlag machte, die Iren einfach zu übergehen. Das zeigt das Demokratieverständnis der derzeitigen Politiker.

  • WH
    Wolfgang Hörner

    Wenn Herr Lohre schreibt, daß die Demokratie verachtet wird, vergißt er zu erwähnen, daß der unser Gemeinwesen regelnde Art. 20 GG längst ausgehöhlt ist.

    Art. 20Abs.1 : Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

    Und im Art. 20 Abs.3 ist die Gewaltenteilung verankert. Die Legislative existiert faktisch nicht mehr, weil sie in die Exekutive eingegangen ist. Konkret: Die Gesetze werden von Medien- und Versicherungskonzernen vorbereitet (Hartz IV, Riester-Rente, Rente mit 67), das Parlament setzt sie um.

    Das Problem bei dieser Bevölkerung ist, daß diese aufgrund ihrer hohen Unterwerfungsmentalität gar nicht demokratiefähig ist; beispielsweise sucht ein großer Teil der Gesellschaft immer nach Harmonie und mag keine Streitkultur. Weder in Ost oder West wurde die Demokratie erkämpft; seit ich denken kann(ich bin in der alten BRD sozialisiert-56J. alt), wollte die Gesellschaft etwas von ihrem Versagen in der Nazi-Zeit zu tun haben, deswegen hat sie sich auch nicht geändert. Der Bau der KZs war der Kapitalverwertungslogik geschuldet ebenso wie bei Hartz IV, wobei man beides natürlich nicht vergleichen kann. Hitler-Freund Hugenberg sagte, "sozial ist, wer Arbeit schafft", die CDU sagt "sozial ist, was Arbeit schafft". Am Eingang der KZs steht geschrieben: "Arbeit macht frei."

    Es gibt also einen Grund, warum nicht oder nur manipulativ über diese Zeit gesprochen wird.

    Sie ist näher als man glaubt, nur gibt es halt keinen Hitler mehr.

  • S
    Sozialwissenschaftlerin

    In der Einstellungsforschung unterscheidet man für gewöhnlich die Einstellung zur Idee der Demokratie zur Einstellung zur derzeitigen Umsetzung der Demokratie. M.E. scheint in der von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben Studie eher das letztere ermittelt worden zu sein. Es geht demnach gar nicht um Demokratiefeindlichkeit, sondern vielmehr um eine Unzufriedenheit mit der derzeitigen Tagespolitik... und dafür gibt es ja wohl auch für demokratisch gesinnte Personen allen Grund.

  • US
    Uwe Sak

    Welche Demokratie? Diese Kapitaldiktatur mit Zwang zur Lohnarbeit? Für andere schuften zu müssen? Da sag ich auch Nein danke!

    Die Menschen lehnen nicht die Demokratie ab, sondern nur diese "Schein-Demokratie". Auch wenn sie es anders kommunizieren.

    Und selbstverständlcih gehört soziale Sicherheit auch zur Demokratie. Dieser Kommentator, der von oben herab die Leute als ein bißchen doff darstellt,kann ja mal testen, wie schön "Demokratie" ist, wenn man nichts zu essen hat.

  • J
    Jengre

    Natürlich unterbleibt ein Aufschrei: Es deutet nämlich nichts darauf hin, daß die Befragten wirklich Demokratie als Prinzip ablehnen, und nicht etwa nur das beflissene Umsetzen von Arbeitgeberforderungen durch Vertreter aller etablierten Parteien. Diese Unfähigkeit unserer politischen, sozioliogischen und journalistischen "Eliten", zu differenzieren und korrekte Schlußfolgerungen zu ziehen, steht mit der sogenannten Politikverdrossenheit ebenfalls in einem ursächlichen Zusammenhang. Politiker und Journalisten sind zu oft Agenten der Kräfte, die die gesellschaftliche Teilhabe am Wohlstand zerstören wollen. Daß sie als solche zunehmend erkannt zu werden scheinen, sollte sie allerdings schockieren. Das verstehe ich von Herzen. Da muß man dem Stimmvieh natürlich reflexhaft unterstellen, es wolle wohl wieder eine Diktatur: und nicht etwa wirkliche Demokratie, in der einem keine überversorgten Erfüllungsgehilfen des Kapitals auf die Nerven gehen, die Demokratie und "Reformen" in einen semantischen Sack stopfen und frech daherlümmeln, Demokratie bedeute nicht unbedingt Wohlstand. Ja, Euch will man loswerden. Zittert.

  • BM
    Bernd Meier

    Diese Form der Demokratie,wie sie in diesem Land

    praktiziert wird, verdient wahrlich keine Akzeptanz

    mehr.Eine abgehobene politische Kaste regiert zu-

    sammen mit Lobbyisten aus der Wirtschaft am Volk vorbei.EU-Reformvertrag,Auslandseinsätze der Bundes-

    wehr z.B.wurden gegen den Willen der Mehrheit des

    Volkes durchgesetzt.Die Belastungen durch die sog.

    Reformen treffen den "kleinen Mann"während sich die

    Schmarotzer der "BRD-Elite"auf Kosten der Allgemein-

    heit bereichern.In diesem Land gibt es statt Demokratie nur eine Lobbykratie.

  • OL
    Oskar L.

    Die da oben machen doch, was sie wollen.

    Mit uns können sie es ja machen.

    Was wir brauchen, das ist ein neuer Honecker!

    So'n ganz kleiner...

  • R
    Rolf

    Wieder einmal wird PolitikER - mit Politik - Verdrossenheit verwechselt. Die herrschende politische Klasse sichert sich immer besser gegen Einmischung des Volkes ab (keine Volksbeteiligung, weder in Deutschland, noch in der EU). Bei "Wahlen" kann das Volk nicht bestimmen wer es regiert, sondern die Parteien bestimmen über ihre Listen wer das Sagen hat. Selbst bei wichtigsten Entscheidungen (Einführung des Euro, Erweiterung der EU, EU-Verfassung - die nicht einmal so heißen darf) wird das als störend empfundene Wahlvieh nicht gefragt.

    Ihre eigene Alters- Kranken- und Sozialsicherung wird weiter ausgebaut, während der Durchschnittsrentner mit weniger als 900,- € auskommen muß, und jeder 4.(also 25% des Volkes) ohne soziale Transferleistungen unter die Armutsgrenze fällt.

    Wen wundert da ein solches Umfrageergebnis?

    Wer aber jetzt keine Angst bekommt ist ein Idiot ...oder Berufspolitiker!

  • HB
    Hartmut Baumgart

    Hallo,

    also ich finde Demokratie immer noch richtig.Ich wünsche mir sehr,dass wir endlich eine bekommen.Alle vier Jahre irgend einer Partei meine Stimme zu geben,und dann zusehen müssen,was diese Polittrottel dann in meinem Namen tun oder auch nicht tun,das stinkt mir schon lange zum Himmel.Übrigens finde ich auch die derzeitige Politik sehr ungerecht-nur eben ganz anders als die vielen Hartz 4-Konsumenten.Es ist einfach ungerecht gegenüber den tatsächlichen Bedürftigen,sowie auch den Rentnern,aber vor allem gegenüber denen,die mit ihren enorm hohen Steuern für den Stimmenkauf der Politiker aufkommen müssen.

    Fazit:Ich verachte nich die POLITIK,ich verachte die POLITIKER!!!

    Hartmut Baumgart