Schalke 04 gegen Arminia Bielefeld: Schön gespielt, nichts geholt
Schalke hat in der Bundeslia das Gewinnen verlernt. Ein 0:0 gegen Bielefeld hinterlässt unzufriedene Gesichter.
GELSENKIRCHEN taz Es war noch nie einfach, Schalke 04 zu verstehen. Dieser Klub ist vielschichtig, hoch emotional, unberechenbar, und so kann es kaum überraschen, dass sie auch die sportlich magere Gegenwart anders interpretieren, als man es zunächst erwarten würde. Am Samstag haben die Schalker 0:0 gegen das kleine Arminia Bielefeld gespielt, sie warten nun seit vier Bundesligapartien auf einen Sieg, sogar die gebeutelten Bayern sind in der Tabelle vorbeigezogen, in Gelsenkirchen herrscht dennoch demonstrative Zufriedenheit. Der Klub strebt derzeit nach höheren Idealen, nach einer anspruchsvollen Spielweise, nach Schönheit. Und irgendwann sollen dann Kunst und Effizienz zu einem großen Titel verschmelzen.
Weil das jedoch äußerst kompliziert ist, erfreuen die Schalker sich an kleinen Schritten. Manager Andreas Müller war am Samstagnachmittag trotz der Torlosigkeit hoch erfreut über "die Art und Weise, wie wir Fußball spielen". Die Mannschaft sei im Vorjahr oft dem Vorwurf ausgesetzt gewesen, "nur über Standards Tore zu machen", meinte Müller, "jetzt hatten wir sehr viele Chancen aus dem Spiel heraus". Außerdem schlage das Team "auch wenn die Zeit knapp wird, nicht mehr nur hohe Bälle in den Strafraum".
Dieser Aussage ist zu entnehmen, dass die Schalker zufrieden sind mit dem Status quo ihres Großprojekts, den auf Effizienz ausgelegten Fußball des alten Trainers Mirko Slomka durch das anspruchsvollere Kombinationsspiel Fred Ruttens zu ersetzen. Gegen Bielefeld hatten sie 75 Prozent Ballbesitz, befanden sich permanent in der Hälfte ihres Gegners, und sie spielten nach einer gelb-roten Karte für Jonas Kamper (60.) eine halbe Stunde lang in Überzahl. "Ich freue mich sehr darüber, wie wir gespielt haben", sagte Kapitän Marcelo Bordon, "wir hatten unseren Rhythmus, Doppelpässe, alles war da, nur das Tor fehlte, mehr geht nicht."
Die Hauptaussagen der Schalker Geschichte des Herbstes 2008, die Zahlen, liefern hingegen Argumente für die Skeptiker. Alle anderen Spitzenklubs schießen mehr Tore als die Gelsenkirchener mit ihren bislang 12 Treffern, Schalke hat die Krisen der Meisterschaftskonkurrenten Bremen und Bayern nicht genutzt, um sich abzusetzen, und vier sieglose Spiele am Stück sind selten Pech und Zufall. Außerdem funktionieren die teuren Neuzugänge bislang allenfalls mittelmäßig.
Orlando Engelaar saß nach zuletzt wenig überzeugenden Leistungen erstmals nur auf der Bank, obwohl er gesund war. Rutten probierte Ivan Rakitic als offensiven zentralen Mittelfeldspieler aus. Manchmal sah das nicht schlecht aus, obgleich der Kroate die größte Chance des Spiels vergab (4.). Als Engelaar dann nach 63 Minuten zur Einwechslung gerufen wurde, waren Pfiffe in der Arena zu vernehmen. Engelaar ist eine Schlüsselfigur in der Schalker Fußballrevolution, er kann das Spiel mit Struktur veredeln, er kann den Rhythmus variieren, doch er hat diese Qualität zu selten eingebracht.
Das gilt auch für Jefferson Farfan, den zweiten prominenten Neuzugang. Der Peruaner hat im Spiel gegen Atlético Madrid im August 70 Minuten lang gezeigt, wie hinreißend er Fußball spielen kann, seit seiner Schulterverletzung sucht er seine Form. Gegen Bielefeld spielte er passabel, doch auch er fand kein Mittel gegen den überragenden Torhüter Eilhoff. Rutten erklärte, es fehle "nur das Quäntchen Glück". Niemand konnte ihm widersprechen. Denn niemand wusste es besser.
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