Aachener Verlagsgesellschaft sucht Teilhaber: In Aachen kann es nur eine geben
Die Redaktionen von "Aachener Zeitung" und "Aachener Nachrichten" teilen sich seit 2003 einen Chef. Um noch profitabler zu wirtschaften, erwägt der Verlag den Verkauf eines der beiden Titel.
Gleich doppelt hatten die beiden Aachener Zeitungen zuletzt lokale Neuigkeiten von überregionaler Bedeutung kundzutun: Da war der langjährige Sportdirektor des Zweitligisten Alemannia, Jörg Schmadtke, der spektakulär seinen Rauswurf provozierte; und da war Mime Mario Adorf, den das heimische Schunkelbusiness als karnevalistischen Ordensritter wider den tierischen Ernst verpflichten konnte. Tschüss hier, Tusch da.
Über ein sich anbahnendes Ereignis von weit größerer Tragweite schweigen sich die beiden Blätter Aachener Zeitung (AZ) und Aachener Nachrichten (AN) derzeit diskret aus. Kein Wort, dass es bald eines der Blätter nicht mehr geben könnte, das von neuen Schmadtkes und Adorfs berichtet.
Nach Informationen des Branchendienstes Kress prüft das Familienunternehmen Aachener Verlagsgesellschaft (AVG) einen Verkauf - um "für die vermutlich schwierigen wirtschaftlichen Zeiten in der Zeitungsbranche gerüstet zu sein". Martin Thull, Mitgeschäftsführer der AVG, hätte sich zwar gewünscht, dass "der interne Vorgang" noch nicht in die Öffentlichkeit gelangt wäre, bestätigt der taz allerdings: "Wir suchen nach einem Partner oder mehreren." Jedoch sei man noch "ganz am Anfang eines Prozesses" - Ende offen.
Aachens Grüne sehen derweil "den Meinungspluralismus" in Gefahr - nur zwei Tageszeitungen garantierten "eine ausgewogene politische Berichterstattung". Dabei ist Pluralismus hier allerdings relativ: Beide Blätter haben seit 2003 nur eine Chefredaktion und teilen sich viele Ressorts, etwa Wirtschaft, Kultur, Reise oder Sport. Das Besondere beim "Aachener Modell": An einem Newsdesk sortieren übergeordnete Redakteure einen Teil der Berichte, Reportagen und Fotos auf beide Halbblätter auf. Da macht auch mal ein AZ-Mann eine AN-Überschrift.
Geschäftsführer Thull will "ausdrücklich nicht", dass eine der beiden Zeitungen eingestellt wird. Aber: "Auch wenn alles so bleibt wie jetzt, ohne möglichen Partner, werden wir uns unter Umständen in fünf oder spätestens acht Jahren fragen müssen, ob wir uns zwei Zeitungen noch leisten können." Das Aus für die liberale (und heute kleinere) AN wäre ein herber Verlust: Bereits im Januar 1945 gegründet, war sie die erste Nachkriegszeitung Deutschlands.
"Wir sagen zu diesem Thema gar nichts", erklärt indes die Chefredaktion. Die Mitarbeiter sind besorgt. Ein langjähriger Redakteur spricht von "wahnsinnig vielen Fragen und wahnsinnig wenig Antworten." Vielleicht sei dies ja der Beginn einer Zeitenwende. Soll heißen: Was örtliche Zeitungsgründer einmal aufgebaut haben, "greift ein Großkonzern bei Bedarf ab".
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