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die wahrheitDer Starkstrommann vom Stamme Schröder

Für den Obergrantler Wolfgang Clement ist kein Platz mehr in der Selbstzerfleischungspartei Deutschlands SPD.

Keine Träne weint Wolfgang Clement diesen Sozis nach. Bild: reuters

Der Mitgliederschwund der SPD hält an. Die Partei blutet aus. Jetzt also auch noch Wolfgang Clement. Der Held der Arbeit. Pardon, es muss selbstverständlich heißen: der Held der Leiharbeit. Die Leiharbeit hatte sich Clement als Superminister unter Superkanzler Schröder extra so zurechtliberalisiert, dass er direkt und ablösefrei von der Bundesregierung in den Aufsichtsrat eines Zeitarbeitsunternehmens wechseln konnte.

Nach Wolfgang Clements Ausscheiden aus der Politik … - hach, "Ausscheiden", das klingt immer so unappetitlich, vielleicht sollte man das mal anders nennen. Das wird ja auch dem Wirken Wolfgang Clements nicht gerecht. Er ist ja damals nicht wirklich ausgeschie … - er hat schließlich nach seinem Berliner Ministerjob nicht aufgehört, Politik zu machen. Er hat nur damit aufgehört, so wenig Honorar dafür zu nehmen. Kann man verstehen. Irgendwann muss sich der ganze Quatsch doch auch mal auszahlen.

Clement war ja nicht ohne Grund immer so schlecht drauf. Damals doch schon. Unter der Woche dauernd das Kindertheater mit dieser untalentierten Laienspielschar namens Kabinett, im Hinterzimmer ständig das Genöle der Sozialmutti Andrea Nahles von der Arbeitsgemeinschaft Übergrößen in der SPD und am Sonntag dann auch noch immer bei der Christiansen absitzen und dem faulen Volk erklären, dass gut 300 Hartz-vier-Euro für Rumhängen und Nixtun eigentlich noch viel zu viel sind.

Das alles hat Wolfgang Clement einfach nur noch angewidert. Man sah es ihm immer an. Jeder Blick sagte: Alles Luschen außer Schröder.

Doch echte Profis haben Zeit. Sie wissen: Irgendwann ist Zahltag. Als der dann kam, hat sich Schröder noch eine Magnumpulle Lafite auf die Merkel genommen und wurde hochdotierter Menschenrechtsbeauftragter beim russischen Gaswerk. Wolfgang Clement ist vom gleichen Stamm. Er steckt nicht nur voller Energie, sondern auch in einem dafür zuständigen Unternehmen. RWE Power AG. Klingt doch schon ganz anders als S-P-D. Power klingt nach Wolfgang Clement. Der Mann läuft auf Starkstrom. Die SPD aber, da ist er sich mit seinen ebenfalls besser verdienenden Geschäftsfreunden von der FDP einig, die SPD will das Hochgeschwindigkeits-Industriedeutschland mit rapsölbetriebenen Treckern zurück in die Ackerfurche fahren. Und linksdrehende Schreckschrauben wie diese Ypsilanti, solche Irrtümer in Kandidatinnengestalt, die lassen sich von Stasi-Agenten wie Gysi und Planwirtschaftsfetischisten wie Lafontaine über den Tisch ziehen.

Nein, da bleibt einem aufrechten Sozialdemokraten wie Wolfgang Clement gar nichts anderes übrig, als das Parteibuch an seinen alten Agenda-Kumpel Müntefranz zurückzuschicken. Franz Müntefering hat dazu was gesagt. Wie immer nicht viel mehr als zwei gefühlte Sätze: "Schade, dass er nicht mehr will. Platz wär gewesen."

Selbstverständlich wäre Platz gewesen. Und wie! Es sind ja ganz viele Mitglieder extra wegen der Clement-, Schröder- und Müntepolitik aus der SPD ausgetreten. Die Schlussfrage, wie viele von denen wiederkommen, wenn Schröder und Müntefering auch noch gehen, klingt nur beim ersten Lesen absurd. Wenn man sich die Partei und das Personal dazudenkt, wird es gleich vorstellbarer.

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1 Kommentar

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  • K
    Kneipp

    Die Sache ist doch ganz einfach zu verstehen; schaut man nur in das Gesicht von Wolfgang Clement. Es ist das Gesicht eines Abhängigen, der zwischen dem Stuhl der Loyalität und dem der Gier sitzt. Er hat sich eben für das letztere entschieden und

    so trägt er das Kainmal. Trotzdem empfindet man ihm gegenüber noch ein gewisse Hassliebe, weil er eigentlich darunter leidet. Bei Schröder ist das anders, Schröder ist Schröder - basta!