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Werder BremenKurze Leine statt neuer Stürmer

2:1 gegen Wolfsburg: Mit dem zweiten Sieg in Folge beendet Werder Bremen eine verkorkste Hinrunde einigermaßen versöhnlich - trotzdem drohen den Spielern eingeschränkte Freiheiten.

Werder im Glück: Mertesacker (l.) dreht nach dem 1:1-Treffer ab, Rosenberg (r.) jubelt. Und Wolfsburgs Keeper Benaglio? Steht geschlagen im Tor. Bild: DPA

Budenzauber in allen Kurven - die Wolfsburger Fans brachten ihre neue Fußballeuphorie mit ins Weserstadion und tauchten auch den Gästeblock in ein grün-weißes Fahnenmeer. Sehr zur Freude von Felix Magath, der hier einst als letzter Coach der Vor-Schaaf-Ära auf der Werder-Trainerbank saß und nun als Erfolgstrainer und Publikumsliebling zurückkehrte. In Bremen hat dem Mann mit dem "Schleifer-Image" niemand eine Träne nachgeweint, nun gilt seine Mannschaft neben Hoffenheim und Leverkusen als Vorreiter einer neuen, innovativen Spielkultur. Eine Rolle, die jahrelang den Bremern vorbehalten war, aus der sie sich aber mit einer völlig verkorksten Vorrunde herausgespielt haben.

DAS KOMMT

Werder Bremen und der VFL Wolfsburg sind noch in allen drei Wettbewerben aussichtsreich vertreten. Im Uefa-Cup haben sich beide für die Runde der letzten 36 qualifiziert - während die Bremer Spieler schon Urlaub haben, treten die Wölfe am Mittwoch noch zum letzten Gruppenspiel beim AC Mailand an; hier reicht ihnen ein Unentschieden zum Gruppensieg. Im DFB-Pokal treffen die Wölfe am 28. Januar zu Hause auf Hansa Rostock, die Bremer reisen zu Borussia Dortmund. In der Bundesliga-Rückrunde empfangen die heimstarken Wolfsburger vier der fünf Erstplatzierten in der Volkswagen Arena. RLO

Bereits die dritte Minute schien die Wachablösung zu zementieren: Nach dem ersten Wolfsburger Eckball von Misimovic ließ eine völlig ungeordnete Werder-Abwehr Christian Gentner am zweiten Pfosten allein. Da Bremens Notsturm mit Markus Rosenberg und dem erstmals von Beginn an spielenden Said Husejinovic wenig Durchschlagskraft ausstrahlte, blieb die Hoffnung auf eine Standardsituationen. In der 27. Minute verlängerte Per Mertesacker mit den Haarspitzen einen Freistoß von Mesut Özil ins Netz. Dem Treffer war eine der wohl besten Entscheidungen vorausgegangen, die Werders Abwehrchef seit seinem Wechsel nach Bremen getroffen hatte: "Es war so knapp, dass ich froh bin, noch nicht beim Friseur gewesen zu sein", klärte Per Mertesacker auf. "Das habe ich um eine Woche verschoben."

Wie gegen Inter Mailand brachte Werder sich in der zweiten Halbzeit endlich wieder in den Kombinationsfluss, der jahrelang das Markenzeichen der Mannschaft war. Besonders der immer stärker aufspielende Mesut Özil trug zu der Dominanz bei, die das Werder-Mittefeld nun ausübte. Der Diego-Vertreter, der sich auf seiner Lieblingsposition sichtlich wohl fühlte, leitete auch den Ausgleich durch das Eigentor von Josué mit einer überragenden Einzelaktion ein. Erst als sie schon geschlagen schienen, drehten Zvjezdan Misimovic und Edin Dzeko so auf, wie sie es vor heimischen Publikum regelmäßig tun. Mehrfach lag der späte Ausgleich in der Luft - aber auch Werder vergab noch Chancen in Fülle.

Trotz zwei überzeugenden Siegen in Folge gehen die Werder-Verantwortlichen nicht völlig versöhnt in die Winterpause. Sowohl in der Champions League (Athen) als auch in der Meisterschaft (Hertha, HSV, Dortmund) liegen Teams vor den Bremern, die ihnen spielerisch unterlegen sind. "Unsere größte Baustelle sind die Schwankungen in den Leistungen. Wir müssen wegkommen davon, dass wir nach unseren Glanzleistungen immer wieder unterirdisch auftreten", sagte Sportdirektor Klaus Allofs, der eine "Runderneuerung" aber ausschloss. Keine hektische Betriebsamkeit auf dem Transfermarkt also, sondern vorsichtiges Drehen an den Stellschrauben im Mannschaftsgefüge.

"Wir werden versuchen, die scheinbar belanglosen Dinge, die aber große Wirkung haben, abzustellen. Dazu gehört auch die Disziplin auf und neben dem Spielfeld", sagte Allofs auch noch - und kündigte an, den liberalen Werder-Stil, "der den Spielern Freiheit gibt", in der Rückrunde "etwas einzuschränken". Ob das ausreicht, um die Sturmschwäche zu überdecken, fragt sich mancher Fan und guckt zum Fest des Friedens sehnsuchtsvoll nach Nantes: Dort wartet ein gewisser Ivan Klasnic auf Angebote aus der Bundesliga.

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