: Bühne frei für den Verteilungskampf
Senat beschließt Millionenkredit fürs Theater – bis Ende April. Wie das Geld wieder eingespielt wird, ist Verhandlungssache: weniger Produktionen, Spielstätten, Gehalt. Und Sparen bei Anderen, die es auch knapp haben: etwa den Philharmonikern
Bremen taz ■ Eine „Befriedung“ sollte es sein, das Gegenteil ist wahrscheinlich: Mit einem weiteren Millionenkredit für das Goethe-Theater hat der Bremer Senat gestern den seit Wochen schwelenden Konflikt um die Zukunft des Hauses zu entschärfen versucht. Das zunächst bis Ende der Woche befristete 1,9-Millionen-Euro-Darlehen werde verlängert und auf 4,2 Millionen Euro erhöht, kündigte Kultursenator Jörg Kastendiek (CDU) an. Damit sei die Liquidität des Hauses und die Auszahlung der Gehälter bis zum Ende der Spielzeit gesichert. „Die Unruhe war nicht mehr zu vertreten“, begründete er, die Stirn missbilligend in Falten gezogen. Intendant Klaus Pierwoß und die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz, zugleich Mitglied des Theater-Aufsichtsrats, begrüßten die Entscheidung.
Vom Tisch ist das Problem damit indes noch lange nicht. Denn auch der erweiterte Kredit ist befristet, diesmal bis Ende April. Bis zu diesem Termin sollen sich Theater, Gewerkschaften und Stadt endgültig auf ein Sparpaket einigen, das so groß ist, dass der Kredit bis Ende 2007 samt Zinsen zurückgezahlt werden kann. Es habe bereits „konstruktive Gespräche“ mit Ver.di über eine Reduktion der Personalkosten gegeben, sagte Kastendiek. Nächste Woche sollen die Verhandlungen über einen Notlagentarifvertrag beginnen.
Welche Abstriche bei ihren Gehältern und Zulagen die Theater-Mitarbeitenden am Ende machen müssen, ist offen. Es hängt aber davon ab, wie groß die Einsparungen oder Mehreinnahmen in anderen Bereichen sein werden. „Das sind kommunizierende Röhren“, unterstrich Kastendiek, entscheidend sei die Gesamtsumme: „Je mehr wir in Strukturen sparen, desto weniger müssen wir beim Personal sparen.“
Der Verteilungskampf an allen Fronten ist damit vorprogrammiert – auch und gerade innerhalb des Theaters. Beispiel „Concordia“: Die Schließung der Spielstätte ließe etwa bei den Verhandlungen über den Notlagentarifvertrag mehr Spielraum. Intendant Klaus Pierwoß wurde der Erhalt „aller Spielstätten“ nach eigenen Angaben allerdings vertraglich zugesichert. Er müsste der Schließung also zustimmen.
Beispiel Personal: Die Zahl von derzeit rund 430 Theater-Mitarbeitenden soll Kastendiek zufolge reduziert werden. Betriebsbedingte Kündigungen seien zwar „nicht beabsichtigt“. Ob es dabei aber bleibt, dürfte auch von den Sparbeiträgen der übrigen Mitarbeitenden abhängen. „Es muss am Ende irgendwie passen“, formulierte Kastendiek.
Philharmoniker unter Druck
Unschöne Szenen drohen auch zwischen Bühne und Orchestergraben. Die Proben und Auftritte Bremer Philharmoniker bei Opern am Theater werden nämlich zwar aus dem Theater-Etat bezahlt. Formal sind die MusikerInnen aber nicht von dessen Verhandlungen über einen Notlagentarifvertrag erfasst. Die Folge: Bei Opern könnten künftig SchauspielerInnen ohne Weihnachtsgeld auf der Bühne stehen, während die MusikerInnen unten im Graben dieses weiterhin bekommen. Die Zahlungen an das Orchester, bestätigte Pierwoß der taz, „werden sicher ein Punkt sein, über den es notwendig ist zu diskutieren.“ Wie die Diskussionen ausgehen, ist offen.
Die von Gewerkschaftsseite erhobene Forderungen, auch die OrchestermusikerInnen sollten auf einen Teil ihres Gehaltes verzichten, wies Betriebsratsvorsitzender Gregor Daul zurück. „Das macht so keinen Sinn.“ Von einem solchen Verzicht würde allenfalls die Stadt profitieren – „und ob die dann das Geld in das Theater steckt?“
Schon eine geringere Anzahl an Opern-Produktionen und Aufführungen, wie sie nun ebenfalls zur Debatte steht, würde das Orchester allerdings um dringend benötigte Einnahmen bringen. Es sei „keine Frage“, betont Daul, dass auch die Philharmoniker „größtes Interesse“ daran hätten, „dass unser größter Arbeitgeber gesundet“. Man werde daher „alles tun, um diesen Prozess zu unterstützen.“
Medienberichte, wonach auch im laufenden Haushalt des Orchesters eine Lücke von 75.000 Euro klaffe, wies Daul als „unwahr“ zurück. Der Betriebsrat wisse davon nichts. Kastendieks Sprecher Florian Kruse betonte, es gebe „kein größeres Loch bei den Philharmonikern“, allenfalls „eine Summe, über die man reden muss“. Orchestervorstand Joachim Kluge wollte gestern zur finanziellen Situation „keine Position beziehen“ – unter Hinweis auf „schwebende Vorgänge“.
Armin Simon
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