Schweizer Finanzspritze: Baby Docs Millionen zurück an Haiti
Weil Haitis Exdiktator Duvalier die Herkunft des Geldes auf einem Schweizer Konto nicht nachweisen kann, wird es an NGOs in Haiti verteilt.
SANTO DOMINGO taz Eine Entscheidung der Schweizer Justiz sorgt in Haiti für gemischte Gefühle, vor allem aber für Genugtuung. Mitte Februar hatte das Schweizer Bundesamt für Justiz entschieden, 4,7 Millionen Euro "an Haiti zurückzuzahlen". Das Geld liegt auf einem Schweizer Konto, das dem ehemaligen haitianischen Diktator Jean-Claude "Baby Doc" Duvalier gehört. Der 57-Jährige, der heute im Pariser Exil lebt, habe die Rechtmäßigkeit des Besitzes nicht nachweisen können, heißt es in der Entscheidung. Damit findet, wenn Duvalier nicht noch die Widerspruchsfrist bis Mitte März nutzt, ein seit acht Jahren dauernder Rechtsstreit sein Ende.
Bereits kurz nach der Flucht des Despoten versuchten die häufig wechselnden Regierungen in Port-au-Prince Zugriff auf die Gelder zu bekommen, die der Duvalierclan - zuerst von 1957 bis 1971 "Papa Doc", dann Filius "Baby Doc" bis zu seiner Flucht im Februar 1986 - zusammenraubten. Zurückhaltende Schätzungen belaufen sich auf umgerechnet 200 Millionen Euro. Nach aufwändigen Recherchen gelang es 2002, einen Hinweis auf das Schweizer Bankkonto zu bekommen - auch wenn die 4,7 Millionen Euro freilich nur ein Bruchteil des Geldes sind, das der Clan geraubt hat.
Erst durch eine neue Gesetzesvorschrift, nach der die Banken ihre Kunden identifizieren müssen, kamen die Behörden auf die Spur des Geldes, das von einer Strohfirma in Liechtenstein auf der Schweizer Bank deponiert worden war. Aufgrund einer Klage Haitis fror die eidgenössische Bankbehörde das Geld ein. Allerdings wurden den Schweizer Behörden, wie diese immer klagten, nicht in der vorgeschriebenen Zeit die Unterlagen über die unrechtmäßige Herkunft der Gelder auf dem Duvalier-Konto aus Port-au-Prince vorgelegt. Im Juni 2007 hätte die Schweiz beinahe sogar das Geld an "Baby Doc" ausgezahlt. Nur juristische Finessen, politischer Druck aus den USA und eine veränderte Rechtslage verhinderten die Auszahlung.
Inzwischen können die Schweizer Behörden im Rahmen eines Rechtshilfeabkommens Gelder beschlagnahmen und bis zur Klärung des rechtmäßigen Besitzes einfrieren. Vor allem muss der Besitzer jetzt die Rechtmäßigkeit der Gelder beweisen. Allerdings hat die Schweiz bisher nur in wenigen Fällen veruntreute Diktatorengelder zurückerstattet, etwa 1998, als 680 Millionen Dollar des Diktators Ferdinand Marcos an die Nationalbank der Philippinen zurücküberwiesen wurden. Die Aktion Finanzplatz Schweiz schätzt, dass in der Schweiz illegal noch rund 250 Milliarden Dollar von ausländischen Exstaatschefs deponiert sind.
In den Genuss der 4,7 Millionen Euro wird allerdings nicht der haitianische Staat kommen. Das Bundesamt für Justiz hat nämlich entschieden, das Schweizer Guthaben an Nichtregierungsorganisationen in Haiti zu übergeben. Das Geld werde Organisationen mit "Erfahrungen für humanitäre oder soziale Projekte zugunsten der haitianischen Bevölkerung" zur Verfügung gestellt, heißt es in dem Entscheid des Ministeriums. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) habe aus diesem Grund bereits Kontakt mit interessierten Organisationen geknüpft. Die Umsetzung und die "transparente Verwendung der Mittel" werde vor Ort von der diplomatischen Vertretung der Schweiz in Port-au-Prince verfolgt.
In Haitis Regierungskreisen wurde das Urteil begrüßt. Die fragwürdige Entscheidung der Schweiz, das Geld nicht dem haitianischen Staat zurückzugeben, sondern selbst die Verteilungsmodalitäten zu bestimmen und zu überwachen, übergehen die offiziellen staatlichen Stellen mit Schweigen.
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