Clinton trifft Lawrow: Tauwetter zwischen Russland und USA

Russlands Außenminister Lawrow trifft erstmals auf seine US-Amtskollegin Clinton. Es wird eine Verbesserung der Beziehungen erwartet - trotz sensibler Verhandlungsthemen.

Erste Schritte zu entspannteren Beziehungen mit Russland? US-Außenministerin Clinton. Bild: ap

Die Nato-Außenminister haben die Wiederaufnahme der Arbeit des Nato-Russland-Rates beschlossen. Das teilten Nato-Diplomaten am Donnerstag in Brüssel mit. Litauen gab seinen Widerstand nach stundenlangen Verhandlungen auf. Nach dem russischen Einmarsch in Georgien im vergangenen August hatte die Zusammenarbeit des Verteidigungsbündnisses mit Russland gut sechs Monate lang auf Eis gelegen. Die 26 Bündnisstaaten werden nun den formalen Dialog auf Minister- und Botschafterebene wieder aufnehmen. "Es ist Zeit, voranzukommen", sagte Hillary Clinton bei ihrem ersten Auftritt als US-Außenministerin in Europa. Der Nato-Russland-Rat sei keine Belohnung und kein Zugeständnis. DPA/AFP

GENF taz Die neue US-Außenministerin Hillary Clinton trifft heute Nachmittag in Genf erstmals mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammen. Auf der Tagesordnung stehen neben den von Moskau abgelehnten "Raketenabwehrplänen" Washingtons weitere Rüstungsthemen sowie der Konflikt um das iranische Atomprogramm und die Lage in Afghanistan. Aus beiden Hauptstädten gab es im Vorfeld des Genfer Treffens Signale, die Hoffnungen geweckt haben auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Staaten und eine neue Phase der Kooperation bei der Rüstungskontrolle wie der Lösung regionaler Konflikte.

Während des Kalten Krieges war die UNO-Stadt in der neutralen Schweiz sehr häufig der Ort, an dem sich nicht nur die Außenminister, sondern auch die Präsidenten der USA und der Sowjetunion trafen. Die wichtigsten bilateralen Rüstungskontroll- und Abrüstungsabkommen zwischen den beiden Atomwaffenmächten wurden in Genf ausgehandelt, unter anderem das 1987 vereinbarte INF-Abkommen zu Verschrottung aller atomaren Mittelstreckenwaffen.

Wenn Washington und Moskau grünes Licht gaben, konnte sich auch die multilaterale Genfer Abrüstungskonferenz der UNO auf Abkommen einigen. Das war das letzte Mal 1993 mit dem Chemiewaffenabkommen der Fall. Seitdem ist die Abrüstungskonferenz auch deshalb völlig blockiert, weil sich Russland und Washington nicht einigen können - wie bei den Themen Raketenabwehr und Weltraumbewaffnung - oder weil die beiden Mächte bestimmte Waffen, die "der Rest" der Welt gerne verbieten würde, partout behalten wollen - wie Streubomben.

Auch auf der Ebene bilateraler Rüstungskontrolle - insbesondere mit Blick auf die noch jeweils knapp 10.000 Sprengköpfe umfassenden strategischen Atomwaffenarsenale beider Seiten - läuft seit Anfang der 90er-Jahre überhaupt nichts mehr.

Vor allem Letzteres könnte sich bald ändern. Beide Regierungen haben in den letzten Monaten deutlich ihre Bereitschaft zur Aushandlung eines Start-3-Abkommens bekundet, mit dem die Zahl der strategischen Atomwaffen auf jeweils unter 1.000 reduziert werden könnte. Möglicherweise werden Clinton und Lawrow heute einen konkreten Fahrplan für die Aufnahme von Verhandlungen vereinbaren.

Beim Thema "Raketenabwehr" gibt es zwar nicht das eindeutige Angebot des US-Präsidenten, auf dieses Projekt zu verzichten, wie die New York Times vor einigen Tagen unter Berufung auf einen Brief Obamas an seinen russischen Amtskollegen Medwedjew berichtet hatte. Tatsächlich deutete Obama lediglich die Möglichkeit eines Verzichts auf die "Raketenabwehrpläne" an, falls Iran sein umstrittenes Atomprogramm einstellt und keine Raketen mit strategischer Reichweite entwickelt. Dazu solle Moskau Teheran drängen. Zudem erwartet die US-Regierung, dass Russland die Teheran zugesagte geplante Lieferung von Luftabwehrraketen zum Schutz der iranischen Atomanlagen nicht ausführt.

Ob die russische Regierung diese Verknüpfung der Probleme "Raketenabwehr" und Iran akzeptiert, ist die große Frage, auf die es beim Genfer Außenministertreffen wahrscheinlich noch keine Antwort geben wird. Moskau sitzt am längeren Hebel - oder fühlt sich zumindest in der stärkeren Position -, weil die USA und ihre Nato-Verbündeten bei ihrem Krieg in Afghanistan immer stärker auf die Unterstützung Russlands angewiesen sind. Die Nachschubwege über russisches Territorium sind die einzigen, über die die Nato-Truppen verlässlich versorgt werden können.

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