Ex-"Bank of Scotland"-Chef Goodwin: Großbritanniens Hassobjekt Nr. 1
Erst trieb er die Royal Bank of Scotland in den Bankrott, sicherte sich dann eine fette Pension und verdrückte sich schließlich ins Ausland. Nun demolierten Unbekannte sein Haus.
Sie nennen ihn "Fred the Shred": Fred, der Schredder. Den Spitznamen hat er sich verdient. Sir Fred Goodwin hat bisher bei jedem seiner Jobs in der Finanzindustrie einen rigorosen Sparkurs gefahren, dem tausende von Jobs geopfert wurden. Für ihn selbst galt der Sparkurs nicht, er hat mit riskanten Übernahmegeschäften die Royal Bank of Scotland, deren Chef er bis Oktober 2008 war, in den Bankrott getrieben.
Goodwin wurde 1958 im schottischen Paisley geboren. Nach dem Abitur studierte er Jura in Glasgow. Danach machte er eine Lehre als Buchhalter, mit 30 hatte er eine leitende Position bei den Wirtschaftsprüfern Touche Ross. 1983 legte Goodwin sein Examen als vereidigter Buchprüfer ab.
1995 wechselte er ins Bankgeschäft, drei Jahre später ging er zur Royal Bank of Scotland, deren Geschäftsführer er 2000 wurde. In dieser Funktion begab er sich auf eine Einkaufstour. Unter anderem erwarb er eine Minderheitsbeteiligung an der Bank von China, übernahm die dreimal so große Bank NatWest für 23,6 Milliarden Pfund sowie eine Reihe britischer, irischer und US-amerikanischer Banken und Versicherungen.
Die Übernahme der niederländischen Bank ABN Amro für 55 Milliarden Pfund im Oktober 2007 leitete seinen Untergang ein - und den seiner Bank, denn die Krise zeichnete sich ab. Nun rächten sich auch die US-Investitionen, weil sich die Royal Bank of Scotland damit ein unübersehbares Portfolio fauler Kredite eingehandelt hatte. Die Bank versuchte im April 2008, mit Bezugsrechtsemissionen in Höhe von 12 Milliarden Pfund das Schlimmste zu verhindern, doch es war zu spät: Im Oktober musste sie von der Regierung mit 20 Milliarden Pfund gestützt werden.
Die Bedingung dafür war Goodwins Rücktritt. Seine Bank verzeichnete 2008 Rekordverluste in Höhe von 24,1 Milliarden Pfund, sodass die Regierung im Februar weitere 13 Milliarden nachschießen musste. Der Aktienwert ist in den vergangenen zwei Jahren um 98 Prozent gefallen. Als herauskam, dass der 50-jährige Goodwin bis an sein Lebensende eine Pension von 693.000 Pfund im Jahr bekommt, wurde er zur meistgehassten Person Großbritanniens.
Premier Gordon Brown, dessen Berater Goodwin war, hat an ihn appelliert, auf einen Teil des Geldes zu verzichten, und ihm andernfalls mit rechtlichen Schritten gedroht. Gestern früh wurden Goodwins Villa und sein Auto in dem vornehmen Viertel The Grange in Schottlands Hauptstadt Edinburgh demoliert. Eine Gruppe namens "Bankbosse sind Kriminelle" bekannte sich zu der Tat und kündigte weitere Aktionen an. Goodwin war nicht zu Hause. Er ist mit seiner Familie ins Ausland gezogen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar