Ermittlungen gegen Berliner NPD-Chef eingestellt: NPD wohnt in Berlin
Die Ermittlungen wegen des möglichen Vortäuschens eines falschen Wohnsitzes gegen den NPD-Landeschef Jörg Hähnel wurden vorerst eingestellt.
Der Chef der Berliner NPD Jörg Hähnel darf sein Mandat für die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg behalten. Die Amtsermittlungen gegen Hähnel wegen möglichen Vortäuschens eines falschen Wohnsitzes seien bis auf Weiteres eingestellt, teilte das Bezirksamt Treptow-Köpenick auf Nachfrage mit. Geprüft wurde, ob Hähnel nicht wie von ihm angegeben in Berlin, sondern in der Brandenburger Gemeinde Am Mellensee (Teltow-Fläming) wohnt - und damit laut Landeswahlgesetz keinen Parlamentssitz in der Hauptstadt besetzen dürfte.
"Die Ermittlungen ruhen", bestätigt Svend Simdorn (CDU), Stadtrat für Bürgerdienste in Treptow-Köpenick. Der Bezirk war aktiv geworden, weil Hähnel als Wohnsitz die Köpenicker NPD-Bundeszentrale angegeben hat - wie vier seiner Parteikollegen, unter anderem NPD-Bundeschef Udo Voigt, auch. Laut Katrin Framke (parteilos), Lichtenberger Bezirksrätin für Bürgerdienste, wohnen aber zumindest Hähnels Frau und Kinder schon länger in Brandenburg.
Laut dem Mellenseeer Bürgermeister Frank Broshog (parteilos) sind nur Hähnels Frau und Kinder dort gemeldet. "Hähnel selbst behauptet, dauerhaft getrennt von der Familie zu leben", so Broshog. Stadtrat Simdorn sieht damit die Möglichkeiten erschöpft: "Hier das Gegenteil zu beweisen, würde detektivische Arbeit benötigen." Auch könne die NPD-Zentrale durchaus als Wohnraum dienen: "Es reicht, wenn dort Zahnbürste und Waschlappen liegen."
Teltow-Fläminger Initiativen sind wenig überzeugt, dass Hähnel wirklich in der Zentrale haust. "Nach unseren Informationen wohnt er in der Mellenseeer Gemeinde", sagt Jörg Wanke, Sprecher des Demokratie-Bündnisses "Zossen zeigt Gesicht". Der NPD-Chef nehme aktiv am Gemeindeleben teil, habe auch versucht, sich in die Jugendarbeit einzubringen. Auch Andrea Nienhuisen vom Mobilen Beratungsteam Brandenburg spricht von Hinweisen, dass Hähnel in der Gemeinde wohne. Stadträtin Framke bleibt deshalb skeptisch: Gebe es neue Erkenntnisse, werde sie die Ermittlungen wieder aufnehmen.
Jörg Hähnel hat derweil andere Sorgen: Die Berliner NPD ist nach gruppenweisen Austritten krisengebeutelt. Im Oktober erhielt er eine Geldstrafe von 4.500 Euro, weil er in der BVV die Tötung der KPD-Mitbegründerin Rosa Luxemburg gebilligt hatte. Und am Dienstag gab es wegen seiner Mitgliedschaft in der inzwischen verbotenen, rechtsextremen Jugendorganisation "Heimattreue Deutsche Jugend" bei Hähnel Hausdurchsuchungen: In der Köpenicker NPD-Zentrale - und in Mellensee.
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