piwik no script img

US-Präsident Obama in TürkeiSo gewinnt man Freunde

Die türkisch-amerikanischen Beziehungen waren auf einem Tiefpunkt. Doch in Ankara hat US-Präsident Obama gezeigt, wie man aus Skeptikern Anhänger macht.

Am Grab von Staatsgründer Kemal Atatürk: US-Präsident Obama in Ankara. Bild: dpa

US-Präsident Barack Obama ist in der Türkei. Und die Türkei ist begeistert. Das war nicht so selbstverständlich wie in Prag oder London, denn die türkisch-amerikanischen Beziehungen waren in den acht Jahren unter Präsident George W. Bush auf einem historischen Tiefpunkt angelangt. "Barack Obama, heilen Sie die Wunden", hatte die größte türkische Zeitung, Hürriyet, dem neuen US-Präsidenten zum Empfang zugerufen. Und es war, als hätte sich Obama diese Aufforderung zu Herzen genommen.

Seine Rede vor dem türkischen Parlament, seine Aussagen im Anschluss an das Gespräch mit Präsident Abdullah Gül, sein Auftritt am Mausoleum Atatürks, all das war wahrer Balsam auf tiefe Wunden.

Dabei hat Obama den Türken nicht einfach nach dem Mund geredet, sondern durchaus kritische Punkte angesprochen. Doch bei alledem war ihm anzumerken, dass sein ausdrücklicher Wunsch nach einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen mehr war als Rhetorik für den Augenblick. Seine Hoffnung, das amerikanisch-türkische Verhältnis zu einen "Modellfall" für gute Beziehungen zwischen einem christlichen und einem muslimischen Land zu machen, ist ihm ein Anliegen.

Allerdings benutzte Obama die Türkei nicht bloß als Bühne, um eine Rede an die islamische Welt zu richten. Punkt für Punkt sprach er die Probleme im Verhältnis beider Staaten an: Erstens, die USA unterstützen vehement einen EU-Beitritt der Türkei. Obama wiederholte nicht nur, was er im Kreise der EU-Mitglieder in Prag bereits gesagt hatte, sondern begründete seine Position: Die Türkei sei der Ort, wo Ost und West zusammentreffen, und sei deshalb eine große Bereicherung für Europa. Die USA seien zwar kein Mitglied der EU, sagte er an seine Kritiker in Brüssel, Paris und Berlin, aber doch ein Freund beider Seiten. Darum fühle er sich berechtigt, seine Meinung dazu zu sagen. Zugleich forderte er die türkische Regierung auf, ihre Reformpolitik fortzusetzen.

Die Unterstützung der Minderheiten sei wichtig: "Sie sehen das an mir persönlich", sagte er. Am Abend wollte Obama in Istanbul Vertreter der christlichen und jüdischen Minderheit treffen. Zuvor in Ankara traf er als erster US-Präsident Ahmet Türk, den Vorsitzenden der kurdischen DTP.

Unter dem Beifall der Abgeordneten kündigte Obama an, die USA würden die Türkei bei der Bekämpfung des Terrorismus der PKK in jeder Weise helfen. Aber, fügte er hinzu: "Arbeiten Sie auch mit der irakischen Regierung und den Kurden im Nordirak zusammen!" Das besondere Talent Obamas, auch für schwierige Fragen die richtigen Worte zu finden, zeigte sich dann am Tabuthema Armenien. "Jedes Land hat dunkle Flecken in seiner Geschichte", sagte er, "in den USA ist dies unter anderem die Sklaverei." Jedes Land muss sich diesen Flecken selbst stellen, sonst werden sie zu einer Bedrohung für die Gegenwart. Dieses Parlament muss die Aussöhnung mit den armenischen Nachbarn finden" (siehe unten).

Sodann lobte Obama die türkische Rolle bei den Versuchen, Frieden im Nahen Osten zu vermitteln. Die Türkei und die USA sollten das künftig gemeinsam tun. Ausdrücklich betonte er sein persönliches Anliegen, eine Zweistaatenlösung zwischen Israel und Palästina durchzusetzen. Ministerpräsident Tayyip Erdogan, der seit seinem heftigen Zusammenstoß mit Schimon Peres in Davos fürchten musste, sich als Vermittler selbst ausgeschaltet zu haben, bekam glänzende Augen, als Obama das sagte, und im gesamten Parlament gab es lang anhaltenden Beifall.

So wie sein Vorgänger George Bush ein Meister darin war, sich Feinde zu schaffen, ist Obama ein wahrer Meister darin, Freunde zu gewinnen. Mit diesem Auftritt in der Türkei hat Obama gezeigt, wie man aus Skeptikern Anhänger macht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • E
    ernesto

    man sollte sich mal die eigene Geschichte sich anschauen,lange bevor man die Juden vergast hat, hatten die deutschen in Ruanda 1908 die menschen dort Masssakriert oder die Franzosen die immer an die Türken mit der G frage rüber kommen,die Algerier massenweise geschlachtet davon redet keiner warum?? weil die Europär ein starkes Türkei nicht haben wollen anstatt sie mit der Türkei zu koorperieren können nur hinter her dumm aus der wäsche schauen!

  • H
    Hkay

    @ Jürgen Purschke:

    Erst auf die eigene Geschichte schauen bevor man Kritik über die Geschichte anderer äußert!

    Keine der drei monotheistischen Weltreligionen hat soviel Blutvergossen wie das Christentum.

    Denken wir nur zurück an die Kreuzzüge...

    was sagte man damals? "Gott will es"

    Außerdem möchte ich Beweise wenn Sie so eine Behauptung von sich geben!

     

    @Sasani Zaza:

    Verstehe kein Wort von dem was Sie geschrieben haben!!!

  • SZ
    Sasani Zaza

    Ich kann nur Lachen wenn ich sehen muß wie die kurden und armenier heulen.

     

    in der turkie wird ein wolk ausgelöscht ..von wem ?

    alle die nicht aus anatolien sind

    turken,kurden,armenier,asyrier,lazen,georgier,cherhesen,griechen,pontuser...usw....

     

    wer ist dieses wolk?

     

    zaza Volk

     

    haben sie nicht davon gehört wem wunderts ...

  • DW
    die wahrheit

    da kommt einer daher, sieht anders aus, verspricht neues, wird dann tatsächlich gewählt und lässt aber ... das ist neu .... doch seinen visionen taten folgen. silicon valley meets bayrrrisch stammtisch. der auftritt obamas in europa sprengt die alten denk/verbal-hochrüstungen z.b. gegenüber konträr empfundenen ländern wie der türkei. mit diesem verhalten ist er allerdings nicht vorreiter einer neuen idee, eines neuen bewusstseins. vielmehr scheint mit obama die politik endlich wieder angekommen zu sein in der mitte der gesellschaft. die alte europäische nomenklatura ist irritiert, vielleicht hilft es wenn carla bruni singt ....

  • K
    Kalifatbewohner

    Obama macht sich "Freunde", die EU und damit mal wieder der deutsche Michel werden die Zeche bezahlen. Yes we can!

  • W
    Wahrheitsprüfer

    Obama hat in ein paar Monaten mehr geleistet, wie alle Präsidenten vor ihm :-D.

  • V
    vic

    Würde die türkische Regierung damit aufhören, kurdisches Trinkwasser an ausländische Konzerne zu verkaufen, wäre das schonmal ein guter Anfang.

    Nur, das liegt nicht an "den Türken" sondern an deren Regierung.

    Ich kann auch nichts für meine.

  • R
    riffraff

    ich bin skeptisch. armenier und kurden sind minderheiten und werden es auch weiter bleiben,aber schwarze in den usa haben eine ganz andere stellung, sie haben macht. kurden und armenier nicht. da können die tränen beim türkischen jeffe laufen und laufen, ich persönlich halte das für verlogen.

  • JP
    Jürgen Purschke

    Obama: “Islam hat viel getan, die Welt besser zu machen”

     

     

    Sorry, das kann man aber nur für einen Aprilscherz halten, wenn man an das Blut denken muss, das von Mohammed und in seinem Namen vergossen wurde.